Inhalt
Der Marktwaldhof: Das ist eine Rehaklinik mitten im Wald, die weit von der nächsten Ortschaft entfernt ist und der Schauplatz von Ursula Poznanskis neuem Jugendroman. Hier soll sich der Protagonist Timo von seinem Motorradunfall erholen. Sein Sprachzentrum ist schwer gestört, sodass er sich nicht artikulieren kann. Auch das Tippen auf der Tastatur gelingt ihm nur mit Mühe, weshalb er sich bestenfalls mit Händen und Füßen verständlich machen kann. Genau das wird ihm zum Verhängnis, denn er merkt schnell, dass in der Klinik vieles nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint, und Timo kann sich niemandem mitteilen. Vor allem nachts ereignen sich mysteriöse Vorfälle, die Timo sich überhaupt nicht erklären kann und bei denen ihm zunächst auch nicht klar ist, ob sie wirklich passieren oder nur seiner Phantasie bzw. seinem verletzten Hirn entspringen. Da steht sein bettlägeriger, tagsüber völlig bewegungsunfähiger Bettnachbar Magnus in der Nacht plötzlich auf, verlässt das Zimmer und droht Timo auch noch, ihn mit einem Kissen zu ersticken. Auch andere Patienten, die tagsüber an Betten und Rollstühle gefesselt sind, werden nachts aktiv und scheinen geheime Treffen abzuhalten. Seinen physisch eingeschränkten Möglichkeiten entsprechend beginnt der Protagonist Nachforschungen anzustellen. Zunächst bemerkt er, dass die Krankenblätter an den Betten der Patienten diese verschiedenen Generationen zuzuordnen. Was mag es damit auf sich haben? Plötzlich beginnt Timo in seinem Kopf eine Stimme zu hören, die ihm Weisungen erteilt und ihn innerlich zu steuern beginnt. So wird die Sache nicht nur für ihn, sondern auch für die Leserinnen und Leser immer verwirrender und ominöser und die Spannung steigt...
Kritik
Die Spannung ist vor allem durch die konsequent interne Fokalisierung getragen, denn die Leserinnen und Leser wissen nie mehr, als Timo weiß. Somit irren sie mit ihm durch die unheimlich anmutende Rehaklinik und können sich zunächst überhaupt nicht erklären, was hier vor sich geht. Damit bleibt Ursula Poznanski, bekannt durch Erebos, Saeculum, Elanus und Aquila, sich selbst und ihrem altbewährten Erzählschema treu. Sie jagt ihre Leserinnen und Leser durch die Räume des Marktwaldhofs, legt falsche Fährten und Spuren, all dies in sehr einfach gehaltener Sprache. Überwiegend kurze parataktische Sätze erleichtern den Lesefluss und garantieren ein leichtes und höchst unterhaltsames Lesevergnügen:
Im Nebenbett regte sich Magnus. Drehte den Kopf von einer auf die andere Seite. Das tat er ab und zu, aber diesmal hatte Timo das Gefühl, er würde etwas... suchen. Oder nun, mit Verspätung, wahrnehmen, dass jemand hier war.
'Schhhh', machte Timo. Der Laut kam tatsächlich so heraus, wie er beabsichtigt hatte, und Magnus stellte seine Bewegungen ein. Er hatte reagiert. Oder war das Zufall?
Thalamus, sagte die Stimme in Timos Kopf, heißt Kammer. (S. 139)
Mit einem medizinethischen Thema schließt Poznanski hier an die Technikkritik an, die auch schon in Layers und Elanus ein zentrales Element war. In diesem Roman stellt sich die Frage, was an medizinischer Technik aus ethischer Sicht vertretbar ist. Ansonsten liegt mit Thalamus absolut nichts Neues vor, worin auch die Kürze dieser Rezension begründet liegt. Eingefleischte Poznanski-Fans werden sicher auch von Thalamus nicht enttäuscht sein. Kritischere Stimmen könnten langsam gelangweilt sein von dem sich immer wiederholenden Schema. Was bei Erebos noch neu und faszinierend war, kann hier nun schon etwas abgegriffen erscheinen.
Fazit
Leichte und spannende Unterhaltungslektüre für Jugendliche ab 14 Jahren, in der die populäre Wiener Autorin Ursula Poznanksi auf 425 Seiten für ein spannendes Verwirrspiel sorgt. Ihr stärkstes Buch ist es nicht.
- Name: Poznanski, Ursula