Inhalt

Layla und Sara sind schon seit Kindesbeinen die besten Freundinnen, haben diverse Krisen gemeistert, sind durch Dick und Dünn gegangen. Beide sind sportlich, leistungsstark und engagiert in der Schule. Doch von einem Tag auf den anderen ist Sara vollkommen verändert. Obwohl sie sich ihrer Freundin zunächst nicht öffnet, weiß diese sofort, dass etwas Schreckliches geschehen sein muss. Sara wirkt verstört und verängstigt – und nach geraumer Zeit stellt sich heraus: Sie ist von einem Bekannten vergewaltigt worden. Von wem, will sie nicht sagen. Sie wolle einfach nur vergessen, sagt sie zu der bestürzten Layla und fordert die Freundin auf, sich unter keinen Umständen einzumischen und keine Nachforschungen anzustellen. Doch das kann Layla nicht aushalten. Sie beginnt, Nachfragen zu stellen, das Umfeld zu beforschen, um herauszufinden, was in der besagten Samstagnacht geschah. Als Sara dann auch noch eine ungewollte Schwangerschaft feststellt, spitzt sich die Lage dramatisch zu. Nun weiß Layla einmal mehr, dass sie handeln muss. Schlussendlich bringt sie ihre Freundin zum Reden und die Vergewaltigung zur Anzeige. 

Kritik

Die norwegische Autorin fasst mit diesem Jugendroman ein brisantes Thema an und überzeugt mit einer starken Erzählstimme. Die Geschehnisse sind durchgehend aus der Perspektive von Layla erzählt. Diese interne Fokalisierung eröffnet den Leserinnen und Lesern den Blick ins Innere der verzweifelten und phasenweise hilflosen Freundin, wodurch ein eigentümlicher Erzählgestus entsteht, der die Stärke des Jugendbuchs zentral ausmacht. Durch Laylas Unwissenheit und Saras Schweigen gewinnt der Roman Züge einer Kriminalhandlung, setzt aber weniger auf schnelle Handlungsabläufe oder Spannungsbögen als auf das Innenleben der Ich-Erzählerin. Aufgrund dieser Anlage lässt er sich als psychologischer Jugendroman einstufen, der sehr sensibel mit seinen Figuren umgeht. Feinfühlig lässt der Text seine Ich-Erzählerin reflektieren und überlegen, was sie tun soll. Sichtbar wird auf diese Weise vor allem Laylas innerer Zwiespalt, der entsteht, weil sie der Freundin versprochen hat, den Dingen nicht auf den Grund zu gehen und doch weiß, dass Vergewaltigung ein schweres Verbrechen ist und der Täter zur Rechenschaft gezogen werden muss:

Und ich überlege mir, wie ernst ich es meine. Bedrohe ich gerade Máhttes Freund? Gehe ich zu weit? Aber die sogenannte Stimme der Vernunft ist leise und kommt von ganz weit weg. Das, was Sara passiert ist, verstößt ja auch gegen alle Regeln. Warum sollte ich mich also an die gängigen Normen halten? Die Grenze ist bereits überschritten, das Gleichgewicht ist gestört. Ich kann diese Sache einfach nicht auf sich beruhen lassen. Ich kann die Dinge nicht manierlich und gelassen angehen. (S. 65)

Der konsequente Fokus auf die Sicht der besten Freundin des Vergewaltigungsopfers ist es, der den Jugendroman zu etwas Besonderem macht. Denn so nimmt die Darstellung einerseits eine Außenperspektive auf das Verbrechen ein, kommt aber der Opferperspektive durch die Nähe zwischen Ich-Erzählerin und dem vergewaltigten Mädchen sehr nah. 

Der Text umfasst nur knapp 150 Seiten und liest sich aufgrund dieser Kürze wie ein verdichtetes Prosastück mit Fokus auf das innere Erleben der Protagonistin. 

Fazit

Ein eindringlicher Jugendroman mit brisanter Thematik, der sowohl durch psychologische Glaubwürdigkeit als auch durch Spannungsstruktur überzeugt – denn fast bis zum Ende hin bleibt offen, wer der Täter war. Das soll auch hier nicht verraten werden. Vielmehr wird eine deutliche Leseempfehlung für Jugendliche ab 16 Jahren ausgesprochen, die am realistisch- ernsthaften Erzählen interessiert sind.

Titel: Was Sara verbirgt
Autor/-in:
  • Name: Nedrejord, Kathrine
Originalsprache: Norwegisch
Originaltitel: Det Sara skjuler
Übersetzung:
  • Name: Rüegger, Lotta & Wolandt, Holger
Erscheinungsort: Stuttgart
Erscheinungsjahr: 2021
Verlag: Verlag Urachhaus
ISBN-13: 978-3-8251-5271-0
Seitenzahl: 154
Preis: 17,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 16 Jahre
Nedrejord, Kathrine: Was Sara verbirgt