Inhalt

Als engagierte Tier- und Umweltschützerin greift die jugendliche Emma nach unkonventionellen Mitteln, um nicht nur die Welt auf die Auswirkungen des Klimawandels aufmerksam zu machen, sondern vor allem auch, um das Leben auf der Erde zu bewahren. Nachdem ihr Freund Patrick bei einer Verfolgung nach einer Kampagne gegen den für seine Tierversuche bekannten Pharmakonzern PLSums Leben gekommen ist, findet sie in der Klimaschutzbewegung No Alternative ein neues Betätigungsfeld. Sie legt ihr bürgerliches Leben ab, um sich mit einer kleinen Gruppe von Aktivist*innen im Untergrund zu bewegen.

Die fiktive Untergrundbewegung „No Alternative“, die einige Parallelen zur „Letzten Generation“ aufweist, agiert deutschlandweit in verschiedenen Zellen und zeichnet sich durch ihre Bereitschaft zu radikalen Maßnahmen aus, um sich für den Klimaschutz einzusetzen. Dazu zählt beispielsweise die Sabotage des Frankfurter Flughafenbetriebs, die Emma mit der Anführerin Valerie sowie dem harmoniebedürftigen Noah und dem auch gegen seine Mitstreiter*innen gewalttätigen Vincent plant. Konkret beabsichtigen sie, auf dem Gelände Elektro-Autos in Brand zu setzen. Mit Hilfe mehrerer Gruppen setzen sie diesen Plan in die Tat um. Emma kann entkommen. Aufgrund ihres Bekanntheitsgrades, erlangt durch die aufsehenerregende Besteigung des Frankfurter Messeturms, liegt ein Haftbefehl gegen Emma vor. Sie kann taucht unter, riskiert aber weiterhin, erheblich radikalere Maßnahmen umzusetzen.

Kritik

Der Jugendroman No Alternative bringt mit Emmas Radikalisierung im Klimaschutz eine interessante Protagonistin ins Spiel, die aufgrund ihrer Position und ihres Übermutes nur bedingt Identifikationspotenzial besitzt. Zudem wird ihre Geschichte aus der personalen Sie- und nicht aus der Ich-Perspektive erzählt. Insofern ist die Einführung des Ich-Erzählers Finn ein kluger narrativer Griff, der Emma und ihre Aktionen wiederum aus seiner Wahrnehmung wiedergibt. Als Praktikant eines Magazins ist er an einer großen Reportage über Emmas Geschichte interessiert und versucht, ihre Spuren zu verfolgen.

Zwischen den sich abwechselnden Fokalisierungen erhalten die Leser*innen Einblick in das Manifest der Bewegung „No Alternative“, in der die radikalen Thesen und Positionen zur Bewahrung der Welt dargelegt sind. Dirk Reinhardt setzt mit seinem Roman den Schwerpunkt jedoch nicht ausschließlich auf die eklatanten Aktionen der Klimaschützer*innen, sondern auf die anregenden Diskurse, die viele Fragen aufwerfen: Inwiefern ist es ethisch vertretbar, fernab demokratischer Prinzipien das Klima zu retten und Objekte wie beispielsweise Autos zu zerstören? Immerhin findet Emma eine eindeutige Position:

„Die Angriffe auf die Natur werden immer brutaler. Immer rücksichtsloser. Also wird auch die Verteidigung immer heftiger.“ (S. 16)

Wann endet ziviler Ungehorsam und wo ist die Grenze zum Terrorismus zu ziehen? Solche und ähnliche Fragen wirft der Roman insbesondere durch seine dialogstarken Passagen auf, ohne am Ende eine präzise Antwort zu geben. Die umweltethischen Aspekte dominieren den Roman, nicht die spannungsgeladenen Szenen auf dem Flughafen. Da sich Emma unter Gleichgesinnten befindet, fühlt sie sich in ihrer Meinung bestärkt und handelt strikt nachden Grundsätzen des Manifests. Handlungsintern schlägt ihr Gegenwind von den sozialen Medien oder der Justiz entgegen; konkrete Figuren verbergen sich dahinter nicht. Lediglich Finn findet ihre Aktionen zu radikal, als dass er sich „No Alternative“ anschließen könnte, sympathisiert aber dennoch mit ihr. Ähnliches gilt für ihre Adoptivmutter Alice, Professorin für Umweltethik.

Schon zu Beginn ist klar, worin Emmas Credo besteht: „In ihr [der Natur] bin ich aufgewachsen, sie ernährt mich. Wird sie angegriffen, verteidige ich sie mit Gewalt. Ich habe jedes Recht der Welt meine Heimat zu verteidigen.“ (S. 23) Aufgrund ihrer Entwicklung mangelt es der Figur Emma einerseits an Mehrdimensionalität. Ihr immer wieder beschworenes Credo ist Teil ihrer Radikalisierungstendenz, was sie wiederum authentisch in ihrer Zielstrebigkeit erscheinen lässt. Emma ist von vornherein als polarisierende Figur angelegt, damit die Geschichte funktioniert.

Fazit

Der Roman selbst gibt am Ende weder Lösungsmöglichkeiten für einen effizienten Umgang mit dem Klimawandel noch Antworten auf die aufgeworfenen Fragen. Vielmehr regt er zum Nachdenken und bestenfalls gar zu intensiven Diskussionen an. Der Umgang mit der oft emotional aufgeladenen Debatte, was im Rahmen des Klimaschutzes legitim bzw. ethisch vertretbar scheint, findet mit No Alternative Eingang in die Jugendliteratur. Der Roman ist für Jugendliche ab einem Alter von 14 Jahren zu empfehlen.

Titel: No Alternative
Autor/-in:
  • Name: Dirk Reinhardt
Erscheinungsort: Hildesheim
Verlag: Gerstenberg
ISBN-13: 978-3-8369-6295-7
Seitenzahl: 320
Preis: 20,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 14 Jahre
Reinhardt, Dirk: No Alternative