Inhalt

Bereits im Alter von 10 Jahren hat Hannah ihrer Mutter erklärt, Balletttänzerin werden zu wollen. Nun mit 19 hat sich ihr Traum erfüllt: Hannah tanzt am renommierten Manhattan Ballet, wo sie im Alter von 14 Jahren ihre Ausbildung begonnen und diese später abgeschlossen hat. Nun tanzt sie dort zusammen mit ihren Freundinnen und träumt – wie alle anderen Tänzer und Tänzerinnen auch – von einer Solokarriere. Um diesen Traum zu verwirklichen, arbeitet Hannah hart: Sie nimmt regelmäßig an den Proben teil, trainiert ihren Körper und gibt auf der Bühne bei ihren allabendlichen Vorstellungen alles. Denn die Konkurrenz ist groß: Vor allem die ebenfalls blonde Zoe, die einem reichen Elternhaus entstammt, wird immer wieder vergleichend neben Hannah positioniert.

Hannahs Leben scheint klar vorherbestimmt, bis sie eines Abends Jacob in einer Bar kennen lernt und ihn singen hört. Sie ist fasziniert von ihm und seinem freien Leben außerhalb der Ballettwelt, er fühlt sich zu Hannah hingezogen. Beide wollen sich näher kennenlernen, doch Hannahs Traum von der Ballettkarriere steht zwischen ihnen. Bei einer Weihnachtsfeier wird Hannah zudem von Matt angesprochen, Sohn eines reichen New Yorkers, der sein Vermögen im Finanzwesen gemacht hat, und der fast jeden Abend die Vorstellungen des Corps verfolgt. Er scheint ein Auge auf Hannah geworfen zu haben, denn eines Morgens findet sie ihr Treppenhaus voll von roten Luftballons, zudem schickt er ihr regelmäßig Essen an den Hinterausgang des Theaters, wo beide sich ab und zu auch mal treffen und plaudern.

Matt ist der Gegenpol zu Jacob: Während es Jacob gelingt, Hannah durch seine Natürlichkeit und sein Studentenleben zu beeindrucken, führt Matt Hannah in die reichen Kreise der Gesellschaft ein und nimmt sie schließlich mit in die Oper, nicht ohne ihr vorher noch ein sündhaft teures Kleid zu schenken, so dass sie später vor seinen Freunden – ebenfalls Sprösslinge aus reichen Haushalten – eine gute Figur macht. Hannah ist zwar beeindruckt, merkt aber, dass sie von der Oberflächlichkeit Matts und dessen oberflächlichem Lebensstil abgestoßen wird. Sie fühlt sich zu Jacob hingezogen, den sie allerdings immer wieder zurückgewiesen hat, weil ihr die Karriere wichtiger ist.

Als sich jedoch ihr Körper zu verändern beginnt – aufgrund der Tatsache, dass Tänzer und Tänzerinnen dünn sein müssen, um auf der Bühne eine gute Figur zu machen, sie aber langsam weibliche Rundungen bekommt, die sie mit "Formwäsche" wegmogeln muss – und zudem Zoe als Solotänzerin aufsteigt, Hannah jedoch 'nur' eine Solorolle bekommt, stellt sie ihre Zukunftspläne in Frage und muss sich entscheiden zwischen einerseits Jacob und ihrer Liebe zu ihm und andererseits der Karriere.

Kritik

Sophie Flack ist mit Tanz zu den Sternen ein Debutroman gelungen, der nicht nur die schillernden Glamourseiten des Balletts zeigt, sondern auch die Schattenseiten. Die Tänzer und Tänzerinnen malträtieren ihre Körper auf Äußerste, um den Ideal eines Tänzers zu entsprechen, lange Zeit steht für Hannah der Kampf um den perfekten Körper im Vordergrund, der sich verschärft, als nicht nur sie, sondern auch die Ballettmeisterin bemerkt, dass sich ihr Körper verändert: 

'Hannah', sagt [Annabelle]. 'Du hast zugenommen. Dagegen musst du was unternehmen.' […] Völlig perplex und entsetzt stehe ich da. Ich blicke über Annabelles Kopf hinweg in den Spiegel und muss mich beherrschen, um nicht die Hände auf meine Hüften zu legen oder vor der Brust zu kreuzen. 'Bevor Otto irgendetwas sagt', fährt Annabelle fort. 'Du musst an den Brüsten abnehmen.' 'Was?', flüstere ich. 'Ich will nicht, dass er dich aus Momentum herausnimmt', erklärt sie, presst die Lippen aufeinander und wartet auf meine Antwort. Momentum ist ein Ballett, das dafür bekannt ist, die Körper der Tänzer schonungslos zur Schau zu stellen […]. Ich bin sprachlos, also redet Annabelle weiter. 'Wenn ich du wäre, würde ich mal über so etwas wie Formwäsche nachdenken.' (S. 141)

Der sich verändernde, erwachsen werdende Körper wird für Hannah zu einem Problem auf ihrem Karriereweg – und sie setzt zunächst alles daran, das zu verhindern: Sie bekommt einen BH, der ihre Brüste zusammenpresst, sie geht exzessiv ins Fitnessstudio und sie nimmt kaum noch Kohlehydrate zu sich und 'vergisst' zu essen, um ihren Körper zu perfektionieren. Das alles fordert einen Tribut: Ein ums andere Mal versetzt sie Jacob, der zunehmend mit Unverständnis reagiert.

Flack gelingt es so, diesen Kampf um den perfekten TänzerInnen-Körper nicht zu verharmlosen und zu idealisieren: Schonungslos zeigt sie, was sich die Tänzer zumuten und damit auf ein Leben verzichten, das nicht von permanenten Zwängen bestimmt ist. Gleichzeitig greift Flack ein sensibles Thema auf, kann doch der sich verändernde Körper für Jugendliche per se in der Pubertät zu einem 'Problem' werden, mit dem man sich erst arrangieren muss. Der sich später ins Positive wandelnde und entspannt werdende Umgang Hannahs mit ihrem Körper kann als Signal für den Leser gewertet werden, mit dem eigenen sich verändernden Körper nicht zu streng ins Gericht zu gehen.

Damit einhergehend zeigt Flack die Folgen dieses Kampfes auf, wenn sie Hannahs Zweifel am Ballett aufkeimen und sich im Laufe der Geschichte immer mehr Raum bahnen lässt, nachdem eine Tänzerin ohnmächtig zusammengebrochen ist:

Unweigerlich fallen mir all die anderen Mädchen aus dem Ensemble ein, die sich schon zugrunde gerichtet haben. Letztes Jahr wurde bei Lila […] eine Störung der Schilddrüse festgestellt, und eine der Solotänzerinnen hat sich durch ihre ständigen Diäten eine Bluterkrankung eingehandelt. […] Ich weiß, dass ein gewisses Maß an Qual nötig ist, um Kunst zu erschaffen. Wäre Ballett einfach, könnte es ja jeder, und das Manhattan Ballet und alle anderen Kompanien hätten keinerlei Daseinsberechtigung. Trotzdem fühle ich mich noch immer, als hätte mich jemand bei den Schultern gepackt und kräftig durchgeschüttelt. Ein paar Tage später kommt Mai ins Theater, um bei einigen Proben zuzusehen und mit Otto zu reden. Wie sich herausstellt, hat auch sie eine ernsthafte Schilddrüsenerkrankung entwickelt, und die Medikamente haben ihr Gesicht so sehr anschwellen lassen, dass man sie kaum noch erkennt. Ihr schwarzes Haar wirkt strähnig und stumpf. Während ich Mai zaghaft an einer Tasse Tee nippen sehe, fange ich an, mich zu fragen, ob ich wirklich das Richtige mit meinem Leben anstelle. (S. 283f.)

Dass Hannah am Ende nicht bereit ist, ihr komplettes Leben aufzugeben, um Ballerina zu werden (vgl. S. 303), ist der einzig nachvollziehbare Schluss, den die Geschichte nehmen kann. Hannah ist bereit, auf den einen Traum zu verzichten, um sich einen anderen Traum erfüllen zu können: ein Leben mit Jacob und das Studium an der NYU. Ganz lossagen kann sie sich vom Ballett jedoch nicht: Sie arbeitet als Ballettlehrerin und unterrichtet kleine Mädchen, die noch den Traum haben, zu tanzen. Was sich widersprüchlich anhört, ist bei näherer Betrachtung logisch und verleiht Hannahs Figur Tiefe: Die Kraft und Faszination des Balletts ist einfach zu groß, als dass sich Hannah komplett dieser Welt entziehen kann. Sie scheint jedoch liberaler mit ihren kleinen Elevinnen umzugehen: "Schönheit ist überall zu finden, nicht nur im Theater" (S. 313) scheint Hannahs gewandelte Lebensphilosophie zu beschreiben. Und primär im Fokus steht das Tanzen und nicht die Perfektion.

Dass die Geschichte fesselt, liegt nicht nur an der sorgsam konstruierten Geschichte, sondern auch am Detailreichtum, den Flack ihrer Welt des Tanzes einwebt – mit anteilig biografischem Background: Sie selbst hat bereits seit ihrem 7. Lebensjahr getanzt und ist dann mit 14 Jahren an die Schule des New York City Ballet, der School of American Ballet, gewechselt, wo sie dem Corps de Ballet beigetreten ist. 2009 hat sie dann das Corps verlassen. Es ist partiell ihre eigene Geschichte, die sie in diesem Jugendbuch verarbeitet, auch wenn sie betont, dass sie im Gegensatz zu ihrer Protagonistin glücklich war im Corps und auch Hobbies und Freunde außerhalb des Balletts hatte. Begründet hat sie ihr eigenes Ausscheiden aus dem Balletts damit, "[that] I really wanted to step away from my body. I really wanted to spend some time in my head." (Interview im The Boston Globe) Dass damit auch Hannah beschrieben sein könnte, wirft die Frage auf, wie viel Biografisches dem Roman denn nun tatsächlich eingeschrieben ist.

Davon abgesehen ist Flack ein überzeugender Roman gelungen, der den Kampf Hannahs zeigt, die sich zwischen der Welt des Balletts, dem 'einfachen' Studenten Jacob, in den sie sich verliebt hat, und dem reichen Matt, dessen Leben sie fasziniert und der ihr Leben als Tänzerin versteht, entscheiden muss und sich die Frage stellt, was im Leben wirklich zählt.

Fazit

Flack ist mit Tanz zu den Sternen ein überzeugender Roman gelungen, der durch das Insiderwissen der Autorin an Tiefe gewinnt und die Ballettwelt mit all ihren Facetten darstellt. Gerade die Zerrissenheit Hannahs zwischen zwei Welten und zwischen zwei Männern, die jeweils diese Welten verkörpern, und die damit verbundene Entscheidung, wie ihr Leben weitergehen soll, führen dem Leser deutlich vor Augen, dass der äußerlichen Glamourwelt des Balletts oftmals ein hoher Preis innewohnt. Insofern gelingt es Flack, auch Nicht-Ballett-Liebhaber mit ihrer Geschichte zu fesseln und eigene Träume und Wünsche auf den Prüfstand zu heben.

Literatur

Titel: Tanz zu den Sternen
Autor/-in:
  • Name: Flack, Sophie
Originalsprache: Englisch
Originaltitel: Bunheads
Übersetzung:
  • Name: Sandra Knuffinke
  • Name: Jessika Komina
Erscheinungsort: Köln
Erscheinungsjahr: 2013
Verlag: Baumhaus/Bastei Lübbe
ISBN-13: 978-3-8339-0174-4
Seitenzahl: 315
Preis: 14,99€
Altersempfehlung Redaktion: 14 Jahre
Flack, Sophie: Tanz zu den Sternen