Inhalt

Eine Familie, verzweifelt gestrandet in Finnland, ohne Bleibe, ohne zu wissen, wohin – Mama sitzt im Gras und weint, Papa schweigt und starrt finster über den See, der kleine Bruder Sami sammelt flache Steine zum Ditschen, und Matti ist an allem Schuld, hat seiner Familie diesen Schlammassel eingebrockt – so das Ausgangsbild des Kinderromans von Salah Naoura. Und natürlich fragt sich der Leser: Was ist hier passiert? Im Rückblick erzählt der kindliche Ich–Erzähler Matti die ganze Geschichte, die mit dem Delfin im Ententeich angefangen hat.

Das war nämlich die erste Lüge einer erwachsenen Person, die Matti aufgedeckt hat: Die Mutter fiel, genau wie ihre Söhne, auf den Aprilscherz der Zeitung herein, der behauptete, im städtischen Ententeich würde ein Delfin gehalten werden. Doch dann tut sie so, als hätte sie dieser Meldung niemals Glauben geschenkt, weil es ihr vor anderen Erwachsenen peinlich ist.

Matti ist außer sich und kommt nun nach und nach mehreren Lügen der Erwachsenen auf die Schliche, die auf ihn wie Fehler des Universums wirken: Er kommt dahinter, dass seine Eltern niemals für bedrohte Tiere gespendet haben, obwohl sie ihm das erzählt haben, als er kleiner war. Und es kommt noch schlimmer: Der Vater behauptet beim Abendessen mit seinem finnischen Bruder, er habe einen besseren Job bekommen und er würde mit seiner Familie in die Schweiz ziehen, nur, um dem Bruder zu imponieren. Durch diese Lüge gerät Matti richtig in die Bredouille, da er sie nun seinerseits in der Schule verbreitet, erst in dem Glauben, dass sie wirklich in die Schweiz ziehen, später absichtlich, weil ihm die Lüge peinlich ist.

Da hilft Matti dem Schicksal ein bisschen nach. Wenn die Erwachsenen lügen, dann kann er das auch: Er manipuliert einen Antwortbrief auf ein Preisausschreiben und gaukelt so seinen Eltern vor, sie hätten ein Haus in Finnland gewonnen, was er sich schon so lange gewünscht hatte. Als die Eltern Wohnung und Arbeit in Deutschland aufgeben, beginnt Matti mit sich zu hadern, erst recht, als der Vater die Möbel zerlegt, aber er findet einfach nicht den rechten Moment, um mit der Wahrheit herauszurücken…

Kritik

Mit wunderbarem Wortwitz und treffsicherem Gespür für Situationskomik erzählt Salah Naoula eine rasante Familiengeschichte, die zuweilen philosophisch anmutet, wenn Matti darüber nachdenkt, was eigentlich richtig und falsch ist und wie man die Fehler im Universum eventuell korrigieren kann (S. 42ff.), worüber er sich gern mit seinem Onkel Kurt unterhält, dem glaubwürdigsten Erwachsenen für den Protagonisten.

Das Kinderbuch eignet sich wunderbar zum Vorlesen, sowohl zu Hause als auch in der Grundschule. Wegen seiner zahlreichen aus dem Leben gegriffenen Familienszenen, die deshalb so überzeugend und lustig wirken, weil alle Figuren treffsicher überzeichnet sind, ist der Roman ein Lesespaß sowohl für kindliche als auch erwachsene Leser. Da ist z. B. Mattis finnischer Vater, der "wie alle finnischen Männer fast nie etwa sagt" (S. 7) und dessen Computerzimmer niemand betreten kann, "weil es keinen erkennbaren Platz gab, wo man hintreten konnte" (S. 17).

Neben der gelungenen Figurenkonzeption ist es die rasante Handlung, die immer wieder durch plötzliche Wendungen überrascht, die den Kinderroman zum Lesevergnügen für die ganze Familie macht. Einzig und allein das Happy–End, das keine Wünsche mehr offen lässt, wäre in dieser Form vielleicht nicht nötig gewesen, passt aber andererseits auch wieder zur Überzeichnung von Story und Figuren und fügt sich deshalb gut in den Gesamtrahmen ein.

Fazit

Ein warmherziger Kinderroman voller Witz und Skurrilität für junge und alte Leser, der zu Recht mehrfache Ehrungen erhalten hat (Peter–Härtling–Preis, Nominierung für den Deutschen Kinder– und Jugendliteraturpreis 2012).

Titel: Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums
Autor/-in:
  • Name: Naoura, Salah
Erscheinungsort: Weinheim und Basel
Erscheinungsjahr: 2011
Verlag: Beltz & Gelberg
ISBN-13: 978-407–79438-3
Seitenzahl: 142
Preis: 12,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 9 Jahre
Naoura, Salah: Matti und Sami und die drei größten Fehler des Universums