Inhalt
Die siebenjährige Luna ist häufig mit ihrem Papa allein, wenn ihre Mama beruflich auf Reisen ist. Diese jettet durch die Weltgeschichte, ist selten zu Hause – und wenn, dann starrt sie meistens auf ihr Handy. Ein Grund für die gewitzte Luna, das Handy im Eisschrank zu verstecken, neben den verhassten Tiefkühlerbsen, kurz vor der Abreise der Mutter in die USA. Doch die Mutter zückt sofort ein alternatives Diensthandy. Luna ist gleichermaßen beschämt und enttäuscht – und gibt sich trotzdem dem Alltag mit dem Vater hin, geht in die Schule, wo sie über Rechtschreibphänomene sinniert, besucht das Taekwondo-Training und spielt mit einem Freund. Schön findet sie, dass es bei ihrem Papa fast immer nur Spaghetti mit Butter und Käse gibt, denn das ist Lunas Lieblingsessen, weniger schön findet sie, dass auch der Vater kognitiv meist abwesend ist. Denn er schreibt aus ihrer Sicht langweilige Bücher für Erwachsene, über denen er sogar vergisst, die Tochter rechtzeitig ins Bett zu bringen, obwohl sie sich zuvor zum gemeinsam Versteckspiel und Vorlesen verabredet hatten. So reiht sich eine Alltagsgeschichte an die nächste, bis die Mutter von der Dienstreise zurückkehrt und alle gemeinsam in die Oper gehen und Luna über die Königin der Nacht staunt. Erst nach diesem schönen Abend findet die Mutter ihr Handy im Eisschrank wieder, wovor Luna die ganze Zeit Angst hatte – und sie schimpft kein bisschen, sondern verspricht, das Handy von nun an am Wochenende wegzulegen.
Kritik
Trotz der internen Fokalisierung auf die kindliche Hauptfigur Luna scheint es, als sei der Kinderroman eher aus erwachsener Perspektive erzählt als aus kindlicher. Arne Ulbricht erzählt realitätsnah und witzig aus dem Alltag einer modernen Familie, in der beide Eltern berufstätig sind und spricht damit wohl fast mehr die Zielgruppe ebensolcher Eltern an, die sich beim Lesen ertappt fühlen können, wenn der ewige elterliche Blick auf das Handy kritisiert wird. Auch Sprachdidaktiker und Deutschlehrer –und lehrerinnen dürften ihre Freude haben, da die herkömmliche und aus orthographiedidaktischer Perspektive überholte Vermittlung der Groß- und Kleinschreibung aufs Korn genommen wird:
"Luna weiß inzwischen, dass ein Nomen ein Wort ist, das man groß schreiben muss. Und sie weiß auch, dass ein Nomen ein Wort ist, das man zählen, sehen oder anfassen kann.
Wie zum Beispiel einen Hund. Oder einen Baum. Dass das Wort Zeit großgeschrieben wird, hat Luna gewundert. Aber dann hat sie darüber nachgedacht, und nun versteht sie es: Die Zeit kann man zwar nicht anfassen, aber man kann sie zählen und sehen, und das ist sogar einfach. Man muss nur lange auf seine Uhr gucken und den Sekundenzeiger verfolgen. Dann sieht man, wie die Zeit verstreicht, und die Sekunden kann man zählen. Aber Luft kann man nun wirklich nicht zählen, sehen und anfassen. Und trotzdem wird das Wort großgeschrieben! Deshalb fragt sich Luna, ob es noch eine weitere Regel gibt, die sie vergessen hat." (S. 20)
Eine herrliche Argumentation für den syntaxbasierten Ansatz aus der Perspektive eines bildungsnahen Mittelschichtkindes.
Den autobiographischen Bezug des Autors verhehlt der Text nicht. Im Klappentext lesen wir über Arne Ulbricht: "Als Teilzeit-Alleinerziehender weiß er genau, wovon er spricht!" Das ist sicher, die Geschichten von Luna sind unmittelbar aus dem Leben gegriffen. Die Kapitel sind kurz und leicht lesbar. So macht die Lektüre von Luna viel Freude – nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Fazit
Der Roman zeigt Alltagsgeschichten aus dem Leben einer modernen Mittelschichtsfamilie, witzig, frech, und ist zum Vorlesen für Kinder zwischen 5 und 7 Jahren geeignet. Die erwachsenen Vorleserinnen und Vorleser können sicher mit Genuss an der fröhlichen Erzählung partizipieren. Inwiefern sich Kinder für die eher handlungsarme Story begeistern können, muss an dieser Stelle offen bleiben.
- Name: Ulbricht, Arne
- Name: Sanne Dufft