Nur ein blöder Papieradventskalender? Julia wünscht sich einen mit Schokolade gefüllten Adventskalender, aber dieses Jahr bekommt sie nur einen aus Papier. Doch dieser scheint besonders zu sein. Es eröffnet sich für Julia eine geheimnisvolle und zauberhafte Welt.

Der fantastische Kinderroman lässt seine Leserinnen und Leser in eine abenteuerreiche Adventskalenderwelt eintauchen, in der die Protagonistin Julia auf allerlei fantastische Figuren trifft, die ihr helfen, den Papieradventskalender vor seinem Untergang zu retten. 

Inhalt

Draußen schneit es und Julia und ihr Bruder Olli warten sehnlichst auf ihre Mutter. Julia ist sichtlich enttäuscht, als ihre Mutter nur einen Papieradventskalender ohne Schokolade mitbringt. Als alle schlafen, nimmt sie sich ihren Adventskalender mit in ihr Zimmer und schaut ihn misstrauisch aber auch neugierig an. Sie öffnet das erste Fenster und sieht eine düstere Rumpelkammer mit Kisten und einem großen schwarzen Mantel. Durch seine glitzernde Oberfläche findet Julia langsam Gefallen an dem magischen Kalender. Ihr Bruder bemerkt, dass dieser Adventskalender sehr ungewöhnlich und wie verzaubert ist. Nachdem Julia mit ihrer Lupe das zweite Fenster genauer untersucht, befindet sie sich plötzlich im Zimmer eines kleinen Mannes mit schimmernder Lockenperücke und kugelrunden Augen – Jakobus Jammernich. Es stellt sich heraus, dass Jakobus ein kleiner Erfinder ist, der die Flugmaschinen selbst erbaut hat.

Am nächsten Tag besucht Julia Jakobus wieder im Kalender und beide unternehmen einen gemeinsamen Ausflug mit seinem selbstgebauten Ballon zum König. Alle neuen Kalenderhausgäste sollen dem König in seinem prunkvollen Schloss vorgestellt werden. Der Flug führt über eine verlassene und verfallene Kalenderhauslandschaft. Der König freut sich über Julias Besuch und zeigt sich sehr überrascht, dass doch noch ein Kind das Kalenderhaus besucht. Daraufhin veranlasst er, Jakobus Jammernichs Kalenderhaus renovieren zu lassen und überlegt, eines der alten Kalenderhäuser wieder zu eröffnen. Der finstere Fürst Leopold, der wichtigste Berater des Königs, äußert seine Skepsis und möchte am liebsten alle Kalenderhäuser schließen. Der Sohn des Königs, Prinz Harry, der mit Jakobus im Kalenderhaus wohnt, möchte hingegen alle Schokoladenhäuser abschaffen, sobald er König wird.  

Die beiden Elfen, die unter Jakobus wohnen, möchten am Nikolausabend ein Fest für Julia ausrichten, die als Retterin der Papierkalenderhäuser gefeiert werden soll. Als Julia und Jakobus bei den Elfen ankommen, begrüßen eine kugelrunde, alte Dame namens Melissa und die dünne Elfe Rosalinde die beiden Gäste. Julia betrachtet die anderen Gäste: Vier kleine, bärtige, dicke Heinzelmänner mit bunten Zipfelmützen, der stumme, alte Riese namens Riesig und der hässliche, junge Prinz Harry, der Sohn des Königs. 

Olli erahnt langsam, dass bei Julia im Zimmer geheimnisvolle Dinge vor sich gehen und dies veranlasst die beiden Geschwister zu einem Streit. Als Julia wieder in ihr Zimmer zurückkehrt, sitzt die Elfe Melissa auf Julias Bett und warnt sie vor den nächsten drei Adventskalendertüren.

Am nächsten Tag entdeckt Julia, dass Olli bereits die verbotenen Kalenderfenster geöffnet hat. Plötzlich hört sie in ihrem Zimmer merkwürdige Geräusche – der höhnisch lachende und kinderhassende Unsichtbare, den Fürst Leopold geschickt hat, bedroht Julia. Furchtlos und wütend begegnet Julia dem Unsichtbaren und ruft ihn dazu auf, zu verschwinden.

Das zehnte Kalendertürchen darf Julia wieder öffnen. Sie besucht die Heinzelmänner, mit denen sie sich spielend vergnügt, bis diese bemerken, dass Prinz Harry entführt wird. In der Zwischenzeit lüftet Olli Julias Geheimnis. Am nächsten Tag nimmt Julia Olli mit in die Kalenderwelt und gemeinsam mit Jakobus, den Elfen, den Heinzelmännern und Olli fliegen sie los zu Leopolds Schokoladenburg, um Prinz Harry zu befreien. Anschließend wird Prinz Harry zum König gekrönt und Fürst Leo wird bestraft, indem er die verfallenen Kalenderhäuser reparieren soll. Prinz Harry beschließt, dass es im Land keine Schokoladenhäuser mehr geben wird, sondern nur noch richtige Kalenderhäuser. 

Kritik

Cornelia Funkes 1989 erstmals erschienener Kinderroman verspricht seinen Leserinnen und Lesern durch das vorweihnachtliche Setting des Adventskalenders einen abenteuerreichen fantastischen Roman, der durch das Alter der Protagonistin dem Alter seiner Zielgruppe entspricht. 

Die Dichotomie von Julias Welten – der realen Welt und der fantastischen Kalenderwelt – erinnert stark an Alices Eintauchen in die Fantasiewelt innerhalb Lewis Carrolls Alice im Wunderland (1865), wodurch ein exemplarisches Merkmal fantastischer Kinderliteratur konstruiert wird. In der realen Welt lebt Julia mit ihrer Familie in einem Haus. Die Authentizität der Welt zeigt sich durch die Auseinandersetzung mit Julias Bruder Olli, aber auch durch den Groll, den sie aufgrund des falschen Adventskalenderkaufs gegenüber ihrer Mutter hegt. Gegenüber der realen Welt zeichnet sich die fiktive Welt durch die fantastischen und märchenhaften Wesen aus: Der Perücke tragende, schrille Erfinder Jakobus Jammernich, die vier frohen und lustigen Heinzelmänner, die durch ihr Verhalten an die sieben Zwerge erinnern, ein Riese, ein höhnischer, böser Unsichtbarer, der gemeinsam mit dem Fürst Leopold das Böse darstellt. Bis zur Mitte des Romans existieren die beiden Welten voneinander getrennt, nur Julia ist es möglich durch ein Kalendertürchen in die fiktive Welt einzutreten. Erst als die Elfe Melissa auf Julias Bett sitzt, um sie vor dem Unsichtbaren zu warnen, gelangt einer fantastischen Figur den Eintritt in die reale Welt von Julia. Als Prinz Harry gerettet werden soll, nimmt Julia schließlich auch ihren Bruder mit in die Adventskalenderwelt. Die Inszenierung der fantastischen Welt und der Wechsel zwischen den beiden Welten gelingt Cornelia Funke sehr gut, so dass die Leserinnen und Leser gerne mit in die Fantasiewelt eintauchen möchten.

Neben den fantastischen Figuren innerhalb der Adventskalenderwelt kann auch ein märchenhafter Handlungsverlauf attestiert werden: Die Aufgabe, die schwindenden Papierkalenderhäuser zu retten, kann durch die Heldin Julia und ihre Helfer gelöst werden. Der Bösewicht Fürst Leopold und sein Handlanger, der Unsichtbare, werden schließlich besiegt, sodass nun die einfachen, aber fantasiereichen Papieradventskalender über die langweiligen Schokoladenadventskalender siegen. 

Seinen Adressaten und Adressatinnen angemessen weist Hinter verzauberten Fenstern eine leserfreundliche Sprache auf, die mit vielen Dialogen und direkter Rede seine Leserinnen und Leser anspricht. Häufig werden nur Hauptsätze verwendet, die durch ihre Knappheit prägnant wirken:

„Sie drehte sich zum Kalender um. Aber die Fenster waren dunkel. Jakobus Jammernich war zu Bett gegangen. Julia blickte auf die Flugmaschine in ihrer Hand.“ (S. 47)

Die Illustrationen von Yvonne Ziegenhals-Mohr, die von Cornelia Funke nachkoloriert wurden, unterstützen die Imaginationsfähigkeit der Leserinnen und Leser. Bei einzelnen Figuren wäre etwas mehr Individualität der einzelnen Persönlichkeiten wünschenswert: Das Gesicht des Königs und das von Jakobus Jammernich sehen sehr ähnlich aus. An weiteren Stellen wären zusätzliche Illustrationen, insbesondere für jüngere Rezipienten, eine wirksame Möglichkeit, das Leseverständnis zu unterstützen.

Fazit

Mit Hinter verzauberten Fenstern hat Cornelia Funke mittlerweile einen Klassiker der Kinderliteratur geschaffen, der als Ganzschrift innerhalb der Vorweihnachtszeit in der Grundschule nicht mehr wegzudenken ist. Durch die Abenteuer der Protagonistin und das Eintauchen in die Adventskalenderwelt schafft es die Autorin, Abenteuer, Märchenhaftes und Fantasievolles zu verbinden. Mit seinen 192 Seiten bietet der Kinderroman ab 9 Jahren eine anregende Weihnachtslektüre, die sprachlich dem Alter der Rezipienten und Rezipientinnen entspricht und deren Imaginationsfähigkeit und Fantasie in hohem Maße anspricht.

Titel: Hinter verzauberten Fenstern
Autor/-in:
  • Name: Funke, Cornelia
Illustrator/-in:
  • Name: Funke, Cornelia
  • Name: Ziegenhals-Mohr, Yvonne
Erscheinungsort: Frankfurt a.M.
Erscheinungsjahr: 1989
Verlag: Fischer
ISBN-13: 978-3-596-80927-1
Seitenzahl: 192
Preis: 8,95
Altersempfehlung Redaktion: 9 Jahre
Funke, Cornelia: Hinter verzauberten Fenstern