Inhalt

„Alina zeigt Joana einen Trick“, steht auf der rechten Faltseite. Links wird der Satz durch eine Illustration zweier Frauen, von denen eine gymnastische Übungen zeigt, visuell ausgedrückt. Die Farbgebung ist irreal bunt und die unsauber ausgemalten Flächen mit teils etwas verschmierten Rändern vermitteln im gesamten Buch eine Ästhetik des Selbstgemalten. Vom linken Bildrand her werden die beiden Figuren durch einen hellen Scheinwerfer angestrahlt, der sie lange Schatten werfen lässt, die unter der Faltseite mit dem Beispielsatz verschwinden. Klappt man die rechte Faltseite auf, so findet man die an die Wand geworfenen Schatten der beiden Frauen mit dem modifizierten Beispielsatz „Sie zeigt ihr einen Trick“. Klappt man nun auch die linke Faltseite auf, entdeckt man die Themenüberschrift der Seite: Personalpronomen. Darauf folgt ein knapper wie funktionaler Absatz, der an einen Lexikoneintrag erinnert, sowie die Deklination der Pronomen in den vier Fällen als Liste. Die Funktion der Personalpronomen als Ersatz für das Substantiv wird auf visueller Ebene durch das Schattenabbild der Frauen veranschaulicht. Der Beispielsatz und die beiden Schatten sind zusätzlich für eine unmissverständliche Zuordnung farblich kodiert.

Diese Art der bildlichen Aufbereitung verschiedener Grammatik-Themen ist charakteristisch für das Buch und variiert je nach Themengebiet stark. Die Konstante ist dabei, dass auf jeder Seite ein Teil der Informationen hinter den beiden Faltseiten versteckt ist.

Die inhaltliche Struktur des Buchs orientiert sich an den wichtigsten Wortarten, denen an sinnvollen Stellen die verschiedenen Bestimmungsapparate untergeordnet sind. So ist im Kapitel über das Substantiv etwa ein Abschnitt über die Fälle und beim Verb ein Abschnitt über das Tempus enthalten. Zum Schluss gibt es auch noch jeweils eine Doppelseite über Satzglieder und Satzarten.

Kritik

Hunde im Futur folgt der Tradition der Spiel- und Beschäftigungsbücher und unternimmt dabei den Versuch, die abstrakten Phänomene der Grammatik graphisch und spielerisch aufzubereiten. Das Buch setzt sich damit auf den ersten Blick von anderen Grammatikbüchern ab. Der kreative Ansatz, den Zugang zur Grammatik so intuitiv wie möglich zu gestalten, hat dem Buch eine Nominierung zum deutschen Jugendliteraturpreis 2022 in der Kategorie Sachbuch eingebracht.

Für 30€ bekommt man mit der Grammatik in Bildern ein schön gebundenes und ansprechend gestaltetes Sach- und Aufklappbilderbuch mit wertiger Haptik. Die Illustrationen in bunten Pastelltönen von Arinda Crăciun sind abwechslungsreich und angenehm anzusehen, während das dicke Papier und die Faltseiten für ein anregendes und interaktives Leseerlebnis sorgen. Nicht nur durch die Illustrationen, sondern auch durch den kreativen Umgang mit der Typographie, den wohl Carsten Aermes zu verantworten hat, ist das Buch ein Blickfang.

Die Seite über Personalpronomen mit den beiden Gymnastikfrauen zählt zu den gelungenen und konzeptionell stimmigen Seiten. Leider unterscheiden sich die Bild-Text-Kombinationen von Thema zu Thema jedoch auch in ihrer Qualität. Die Bild-Ebene beschränkt sich auf manchen Seiten auf bloße Illustrationen zu Beispielwörtern, auf anderen erfüllt sie gar nur die Aufgabe einer Hintergrundszenerie – ohne erkennbare Verknüpfung mit den Lerninhalten. Die Typographie der Textelemente greift stellenweise sehr gut mit der Bild- und Inhaltsebene ineinander, andernteils bildet der Text etwa schwer verständliche Schlangenlinien und die Typographie frönt augenscheinlich dem Selbstzweck.

Hunde im Futur regt schon mit seinem zunächst irritierenden Titel zu Nachfragen und Gesprächen an. Hier liegen seine Stärken. Die familiäre Atmosphäre des Buchs, das in seinen Beispielsätzen und Illustrationen gerne von Großeltern, Familien und Tieren in ländlichen und Naturkontexten erzählt, passt genau zur möglichen Anwendung beim gemeinsamen Lesen in der Familie. Die nüchtern und abstrakt daherkommenden Erklärungen und das Fehlen jeglicher direkter Adressierung an die kindlichen Leserinnen und Leser erschweren jedoch den Zugang beim selbstständigen Lesen. Außerdem gibt es – wie für Sachbücher üblich – keine Übungen oder andere HandlungsaufforderungenDie verschiedenen lateinischen Begriffe werden dabei wie selbstverständlich verwendet. Dafür bieten die mannigfaltigen Illustrationen und die spielerische Anordnung der Informationen durch die Klappseiten viele Ansatzpunkte für erwachsene Mitleser und Mitleserinnen mit grundlegenden Grammatikkenntnissen, um mit den Kindern über die deutsche Sprache und ihre Funktionen ins Gespräch zu kommen. In diesem Rezeptionsmodus ist auch sichergestellt, dass konzeptionell ausgefeilte, aber sehr abstrakte Bild-Text-Kombinationen wie im eingangs beschriebenen Schattenbeispiel – ohne einen deutlich erläuternden Absatz im Buch selbst – ihre Wirkung entfalten können.

Fazit

Die spielerische Leichtigkeit, die durch das Design und die Motivwahl der Illustrationen ausgedrückt wird, steht konträr zu den eher trockenen grammatikalischen Gesetzmäßigkeiten in den kurzen Informationstexten. Die Verknüpfung der Unbeschwertheit mit dem schwierigen Stoff gelingt nicht reibungslos, weil die Informationen bei aller bildlicher und typographischer Raffinesse nicht didaktisch aufbereitet sind. In der Konsequenz erhalten wir ein anspruchsvolles Buch im schicken Gewand, das sich für das Lesen in Begleitung von Erwachsenen oder für fortgeschrittene Kinder ab 8 Jahren eignet.

Titel: Hunde im Futur. Eine Grammatik in Bildern
Autor/-in:
  • Name: Susanna Rieder
  • Name: Johannes Rieder
Illustrator/-in:
  • Name: Arinda Crăciun
  • Name: Carsten Aermes
Erscheinungsort: München
Erscheinungsjahr: 2021
Verlag: Susanna Rieder Verlag
ISBN-13: 9783948410216
Seitenzahl: 128
Preis: 30,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 8 Jahre
Rieder, Susanna & Johannes: Hunde im Futur. Eine Grammatik in Bildern