Inhalt

Fuchs 8 lebt zusammen mit seinem Rudel in einer idyllischen Umgebung. In der Nähe seines Lebensraumes lernt er ‚Mänschisch‘, indem er Gutenachtgeschichten am Fenster einer Familie lauscht. Erst durch diese erlernte Fähigkeit ist es dem Fuchs möglich, sich an den Menschen zu wenden.
Die Intaktheit des „Urwalt[s]“ (S. 9), in dem er mit seinem Rudel lebt, wird durch den Bau des Fuchsblick-Centers gestört. Wegen der Erbauung dieses Einkaufszentrums wird der Lebensraum des Rudels knapp und die Anzahl der Füchse dezimiert sich. Nachdem Fuchs 8 keinen anderen Ausweg mehr sieht, als Nahrung für das Rudel aus dem Center zu erhalten, machen er und sein Freund Fuchs 7 sich auf den Weg dorthin. Zuerst sind ihre Erfahrungen positiv, doch Fuchs 7 wird auf dem Rückweg von zwei Bauarbeitern auf grausame Weise getötet. Orientierungslos und verschreckt findet Fuchs 8 Zuflucht bei einem Fuchsrudel in einem entfernten Wald. Dort fühlt er sich wohl, lernt eine Füchsin kennen und wird Fuchspapa. Er möchte darum wieder fröhlicher, für seine Fuchswelpen großzügig sein und seinen Groll gegenüber den Menschen ablegen. Er wünscht sich eine Erklärung für das Verhalten der Menschen, weshalb er sich mit seinem Brief an einen ihm nett erscheinenden Menschen wendet.

Kritik

Fuchs 8 ist eine ergreifende und zum Nachdenken anregende, fabelartige Geschichte, die sich mit Themen wie Umweltzerstörung und menschlicher Gier auseinandersetzt. Diese grundlegenden Themen werden durch die Augen eines charmanten und liebenswerten Protagonisten geschildert. Durch die phonologische Schreibweise erhält die Geschichte einerseits starken Wiedererkennungswert, aber auch Leichtigkeit und eine gewisse naive Färbung, die die Leser*innen in die Welt des Fuchses eintauchen lässt. Saunders schafft damit eine fantasievolle und einfühlsame Darstellung von Fuchs 8. Eine Darstellung des – häufig negativ konnotierten, gerissenen und hinterlistigen – Fuchses, der sowohl unschuldig als auch weise, reif und gleichzeitig kindlich erscheint. Die autodiegetische Perspektive des Fuchses erlaubt es, komplexe Fragen der Menschlichkeit und der Moral auf eine frische und fesselnde Weise zu erforschen: "Und deshalb schreibe ich disen Brif an oich Mänschen. Ich wüsste gerne, was mit oich los is. […] Immer wenn ich ein Mänsch geseen hab, hat er gelacht oder si gelacht oder gelechelt, auf dem Weg zur Mool." (S. 42).

Er hat zwar die Sprache der Menschen erlernt, missversteht und missinterpretiert sie und den Umgang der Menschen miteinander aber. So glaubt er, dass Menschen untereinander immer freundlich sind. Die Grausamkeiten, die seinem Rudel und seinem Freund, Fuchs 7, widerfahren, scheinen durch die Schreibweise und Wortwahl einerseits leichter zu ertragen, aber andererseits gerade durch die Einfachheit und Klarheit der Worte umso eindrücklicher zu sein. Sie beschreiben auf pointierte Weise die Willkürlichkeit und Grausamkeit der Menschen: "Dann nam der erste Mänsch der zimlich kros war sein blauen Hut ab. […] [D]iser Hut klatschte Fuks 7 voll ins Gesicht! Und plözzlich wurden im seine Knie schwach, er blikkte mich ein lezzes Mal Liebe voll an und kippte zur Seite wärend da Blut aus dem Maul lif! Ich versuchte es kurz mit Widerbeleem, durch Schnüffeln." (S. 29).

So sind es auch die Menschen, die zerstören, was einst namensgebend für das Center war: den Fuchsblick. Zivilisations- und konsumkritisch führt der Text das oberflächliche Verhalten der Menschen vor, die sich ausschließlich über Äußerlichkeiten unterhalten, die Kinder immer zum Lächeln auffordern oder den uneingeschränkten Zugang zur Nahrung in der "Fressmaile" (S. 15) nutzen.

Unterstützt wird der Text durch die stark reduzierten, fast skizzenhaften Illustrationen. Diese zeichnen sich durch Einfachheit und Klarheit aus und sind lediglich in den Farben Rot und Schwarz gehalten. Auffallend dabei ist, dass die Farbe Rot nur für harmonische, liebliche Elemente sowie für die Darstellung der Füchse verwendet wird. Durch die Bild-Text-Interdependenz entsteht eine weitere Ebene der Betrachtung. Neue Facetten werden durch die Parallelität sichtbar.

Auch die Darstellung des Fuchsblick-Centers eröffnet zusätzliche Interpretationsmöglichkeiten. Die Illustrationen sind aus dem englischsprachigen Original übernommen worden, so dass die Namen der Geschäfte ebenfalls auf Englisch sind. So heißt das Fuchsblickcenter dort "Foxview Commons" (S. 23). ‚Commons‘ als Gemeingut, das natürliche Ressourcen einschließt, wirkt ironisierend, gar zynisch, wenn bedacht wird, dass mit der Erbauung dieses ‚Gemeingutes‘ der namensgebende natürliche Grund zerstört wurde. Auch andere Geschäftsnamen wie beispielsweise "Robin Look“ oder "Eye Opener" (S. 24) könnten als Anspielungen auf die Konsumkritik der Menschen verstanden werden.

Neben der geschilderten Bedrohung der Füchse und Natur durch die Menschen formuliert Fuchs 8 einen Rat an alle Leser*innen, der als Mahnung oder Gesprächsangebot verstanden werden kann: "Wenn ir wollt, das oire Geschichten ein Heppi Ent haben, seit einfach mal ein bisschen netter." (S. 47). Der Hinweis klingt verlockend und auf den ersten Blick nachvollziehbar. Kann aber der Rat eines Fuchses mit verklärter sowie naiver und eindimensionaler Sichtweise als Schlüssel oder Lösung für eine Geschichte oder eine ganze Welt dienen? Fuchs 8 abstrahiert nicht, verharrt in seinem Denkmuster und kann keinen Rat für uns bereitstellen. Er lernt Menschen in einer friedlichen Umgebung kennen und projiziert seine Erfahrungen auf die gesamte Menschheit. Fuchs 8 agiert somit als unglaubwürdiger Ratgeber und gleichzeitig unverbesserlicher Optimist.

Fazit

Die fabelartige Geschichte greift aktuelle Themen wie Umweltzerstörung und menschliche Gier auf, die aus der Sicht des naiven und doch weisen Fuchses erzählt werden. Die phonologische Schreibweise verleiht dem Text eine besondere Note. Insgesamt ist Saunders mit Fuchs 8 eine einfühlsame und zur Reflexion anregende Geschichte gelungen, die sowohl für junge Leser ab 12 Jahren als auch für Erwachsene geeignet ist. Durch die Perspektive des Fuchses kann sich eine jüngere Leser*innenschaft den aktuellen Themen widmen, ohne direkt betroffen zu sein.

Titel: Fuchs 8
Autor/-in:
  • Name: Saunders, George
Originalsprache: Amerikanisch
Übersetzung:
  • Name: Heibert, Frank
Illustrator/-in:
  • Name: Cardinal, Chelsea
Erscheinungsort: München
Erscheinungsjahr: 2019
Verlag: Luchterhand Literaturverlag
ISBN-13: 978-3-630-87620-7
Seitenzahl: 56
Preis: 12,00€
Altersempfehlung Redaktion: 12 Jahre
Saunders, George: Fuchs 8