Inhalt
Es geht los mit der Nacht nach Boscos drittem Geburtstag: „Das Traurige an Geburtstag ist, wenn er vorbei ist. Dann dauert es sosososooo lange bis er wiederkommt.“ (S. 3). Erzählt wird, immer fokussiert auf Bosco, überwiegend aus dem Familienkontext (zwei Schwestern, Hund, Huhn, Esel, Mama und Papa, dazu noch Oma Tiktak). Es geht darum, was Bosco mit seinem Kuschelknoten Ökkel erlebt, wie er den Tag „anmacht“ und seinen müden Papa aus dem Bett treibt, wie er Frühstückchaos in der Küche anrichtet und um Wutausbrüche beim Müsli-Essen, Umziehen, In-den-Kinderladen-gehen und Falsche-Geschenke-bekommen. Daneben wird von Glücksmomenten erzählt, etwa von der Entdeckung des Kletterbrokants durch Kinderladenfreundin Linne oder dem Flug zum Mond mit dem besten Freund Jonte. Bosco erlebt Alpträume, Wasserschlachten und eine Brotschmierweltmeisterschaft. Er ist immer mittendrin. Das Buch schließt mit dem Vorabend des vierten Geburtstags: „Vier. Vier ist Boscos Lieblingszahl.“ ( S. 79)
Kritik
Die zeitliche Strukturierung über das Jahr, hier zwischen zwei Kindergeburtstagen, entspricht einer altbewährten Vorgehensweise in der Literatur für junge Leser*innen, wie sie sich etwa schon in den Preußler-Klassikern Der kleine Wassermann (von Geburt bis Winterschlaf) oder Die kleine Hexe (zwischen zwei Walpurgisnächten) findet. Anknüpfend an das Bilderbuch Schlafen wie die Rüben (Zipfel/Heinrich/Schulz 2021) und gefolgt von der ökkelige(n) Silvestergeschichte Rüben und Raketen (Zipfel/Heinrich/Schulz 2023) erzählen Finn-Ole Heinrich, Dita Zipfel und Tine Schulz (Bild) von einem Jahr mit Familie Rübe, ganz nah dran an den großen Gefühlen und Fantasien des dreijährigen Jüngsten Bosco. Schon der Paratext ist äußerst schwungvoll: Auf dem Cover rast Bosco mit Schwester Alva im Lastenrad seines Papas zum Kinderladen, begleitet von seinem Knoten-Kuscheltier Ökkel. Weitere Geschichten lassen sich auf dem Einband erkennen: Der Flug zum Mond mit Freund Jonte, Mama Basia, die nach ihren Kindern pfeift und ein Tigerschwanz, denn Bosco kann sich auch in einen Tiger verwandeln. Die Vorsatzpapiere zeigen auf grasgrünem Grund Bosco in jedweder Gefühlslage, z. B. wütend auf den Boden hämmernd, vor Glück erschauernd im Schokoladengenuss, als Superheld, Adlerhahn und Ente. Selbst die Autor*innen-Blurbs sind äußerst spaßig – wie immer bei Dita Zipfel und Finn-Ole Heinrich.
Tine Schulz‘ Bilder (Filzstiftzeichnungen, am PC bearbeitet) strotzen vor Bewegung. Sie bilden das Chaos ab, das Bosco verbreitet: Seine großen Emotionen und die manchmal erschöpften, aber liebevollen Eltern, Boscos Fantasie, wenn er als Tiger in den Zoo geht, als Ente in einer Pfütze badet oder sich die U-Bahn in seinem Kopf in ein U-Boot verwandelt. Die Beschränkung auf zwei Sonderfarben (Grün und Blau) gibt dem Buch ein ganz eigenes Gesicht. Hervorzuheben ist auch die Verbindung von Bild und Schrift bei den knapp 30 Kapitelüberschriften, die alle individuell handschriftlich an den Kontext des jeweiligen Abschnitts – meist nur doppelseitige Kapitel – angepasst sind.
Der Text ist abwechslungsreich, voller Sprachspielereien, Wortneuschöpfungen, kindlichen Ausdrücken. Mal liest er sich wie ein Gedicht (Kapitel Kalt draußen, S. 12f.), mal wird ein Rezept eingestreut oder wiedergegeben, wie Bosco die polnischsprachigen Telefonanrufe von Mama und Oma mitanhört. Heinrich und Zipfel transportieren Gefühle, Gedanken und Fantasie eines Dreijährigen so, dass Erwachsene dies gut nachvollziehen können, an manchen Stellen vielleicht sogar noch besser als Dreijährige, denn mit der Kunstfertigkeit ist auch ein gewisser Anspruch verbunden. Sie vermögen es, heutigen Familienalltag in Geschichten zu packen, die nichts ausklammern und Freude an Sprache und verrückten Einfällen vermitteln.
Fazit
Bosco Rübe rast durchs Jahr ist ein formidabler Vorlesespaß für Kleine (ab drei Jahren) wie Große, ganz nah am Erleben eines drei- bis vierjährigen Kindes. In der bekannt überzeugenden sprachlichen Gestaltung des Autor*innenpaares Finn-Ole Heinrich und Dita Zipfel, ergänzt durch die fabelhaften grün-blau-schwarz-weißen Bilder von Tine Schulz, macht der zweite Band des Rübenkosmos` große Lust auf mehr.
- Name: Dita Zipfel
- Name: Finn-Ole Heinrich
- Name: Tine Schulz
