Inhalt
„Was die anderen sagen
Ada ist süchtig nach Schokokuchen,
von oben bis unten voller Vorsicht,
[…]
Ada eben.
Was Ada sagt
Ada ist manchmal ganz mit dunkelblauen Wolken ausgefüllt,
meistens aber hellgelb im Kopf.
[…] Ada ist nicht mutig.
Ada ist normal.
Ada eben." (S. 4-5)
So überbordend bildhaft führt Stefanie Höfler Ada, die Protagonisten ihres neusten Kinderromans, ein. Ada ist gerade sechs und kommt nach dem Sommer in die Schule. Dabei beschäftigen Ada verschiedene Dinge, z. B. die Ameisen in ihrem Bauch, die sie fühlt, wenn sie an die Schule denkt oder die Angst, beim Schwimmen mit dem Kopf unter Wasser zu kommen. So lesen und sehen wir in kurzen Kapiteln (oder manchmal nur ein paar Zeilen) und einem stellenweise vershaften, poetischen Stil die kleinen Episoden aus Adas Leben. Dabei wird eben nicht zusammenhängend, sondern ausschnitthaft erzählt, beispielsweise was Sonnenfleck-Nachmittage mit Mama und Bruder Max sind oder warum Mama so weich ist. Immer stehen Adas Gefühle im Mittelpunkt. Mal sind es die großen Gefühle wie Angst oder Liebe, aber auch Freude oder Trost (u. a. vom Haushuhn Stracciatella), mal auch die existenziellen Fragen des Lebens, die thematisiert werden wie: "Was ist Seelenwanderung?" (S. 118). Bestimmte Erzählstränge werden in den Kapiteln immer wieder aufgenommen und weitergeführt, andere nicht. Beispielsweise erlebt Ada, wie die Oma nach einem Unfall im Krankenhaus liegt und später wieder genesen ist.
Auch das Schwimmbad wird häufig als Handlungsort und Reifungsort aufgegriffen. Dort muss Ada gegen ihre Unterwasser-Angst kämpfen, aber auch gegen ihre Eifersucht, wenn ihre beste Freundin Laila plötzlich lieber mit Linus spielt. Neben den Beschreibungen des Alltäglichen erlangt das Buch immer auch Tiefe, wenn die Ängste von unterschiedlichen Menschen etwa vor dem Krieg, vor dem Tod o. Ä. thematisiert werden.
Kritik
Erzählerisch werden auch die einzelnen Kapitel variiert und geschickt aneinander komponiert, auch wenn sie im ersten Moment eher assoziativ wirken. Mal sind es Zeugnisse von Geborgenheit (Sonnenfleck-Nachmittage), von Freundschaft oder von Erlebnissen in der Familie, die mit all den Gefühlen, die mit solchen sozialen Beziehungen verbunden sind, zentral gesetzt werden. Dabei ist der heterodiegetische Erzähler ganz nah bei Ada und ermöglicht Einblicke in ihre Gefühlswelt und ihre Weltwahrnehmungen, etwa als sie mit Max Steinzeitmenschen spielt.
„Ada kann perfekt Steinzeitisch, Max noch nicht so ganz. Dafür weiß er, dass die Steinzeitmenschen Würmer gegessen haben. Wie gut, dass in der kühlen Erde unter dem Busch welche wohnen. Wie gut, dass Max gleich einen findet. […] Max findet, als ältere Steinzeitfrau muss Ada ihr Essen zuerst bekommen. Ada findet, Max muss den Wurm bekommen. Je kleiner, desto wichtiger ist das Wachsen.“ (S. 38)
Es gibt Passagen, die sehr knapp in kurzen, aneinandergereihten Hauptsätzen erzählen und z. T. ihre Wirkung durch Wiederholungen und Parallelitäten entfalten (Ada ist… Ada hat…). Neben den dichten Erzählversen finden sich auch reine Dialoge z. B. zwischen Adas Mutter und Oma oder Comic-Sequenzen, die sehr passend häufig komische Situationen in Szene setzen, etwa die Reaktion der Geschwister auf Kohlrouladen, die laut Ada aussehen wie ein „plattgefahrener Frosch" (S. 66). Überhaupt ist das Buch mit den grafischen und farbig kolorierten Illustrationen von Philipp Waechter reich bebildert. Zur Gruppierung der Einzelkapitel werden Doppelseiten genutzt, die das Schwimmbad zeigen, das als Handlungsort alle Gefühlsregungen bildlich durch verschiedene Wetterphänomene symbolisiert. Von Wolken über Gewitter bis zum Sonnenschein ist alles vertreten. Und so schnell wie sich das Wetter ändert, können sich auch Adas Gefühle verändern.
Die Bilder setzen in ihrer grafischen Einfachheit prägnante Momente in Szene, aber es kommt ihnen mitunter auch ein eigener Erzählanteil zu, was in der Kombination sehr innovativ ist. Durch die Körperhaltung, Gestik oder die Visualisierung von Gefühlen mittels abstrakter Formen und Farben lassen sich Emotionen erkennen, etwa als Adas Mutter wütend ist und rote und lilafarbige Zickzacklinien aus ihrem Mund kommen (vgl. S. 107). Gleichzeitig wahren die Bilder durch die Perspektive immer eine gewisse Distanz zwischen den Lesenden und den Figuren.
Fazit
Insgesamt blickt die Erfolgsautorin Stefanie Höfler, die mit ihren Büchern bereits mehrmals für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war, sehr ehrlich auf Kinder und thematisiert alle guten und schlechten Gefühle, die sie im normalen sozialen Miteinander oder vor großen Ereignissen wie dem Schulanfang erfahren. Die Vorfreude, großen Erwartungen aber auch Ängste, die Kinder vor der Schule empfinden, spiegeln sich im Buch wider. Zudem macht es Mut, seine Angst zu überwinden, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Aber das muss Ada und müssen mit ihr die Leser:innen selbst herausfinden. Von daher ist es gerade für die Zeit vor der Schule als Vorlesebuch bzw. für Kinder ab der ersten Klasse (ca. 6 Jahre) besonders empfehlenswert.
- Name: Stefanie Höfler
- Name: Philip Waechter
