Thematik
Die Kinderhörspielserie Bibi Blocksberg gehört zum Genre der so genannten Funnies (analog zu entsprechenden Comics). (Heidtmann 1992, S. 68 f.) In diese Gruppe lassen sich alle Serien klassifizieren „die erheiternd [oder] lustig wirken sollen […] und auch [meist] mit märchenhaften, phantastischen oder abenteuerlichen Elementen arbeiten, […] das Humoristische […] [steht jedoch überwiegend] im Vordergrund.“ (Heidtmann 1992, S. 68 f.) Die Funnies sind für ein Hörerpublikum ab einem Alter von drei Jahren konzipiert und reichen in der Regel bis zu einem Alter von einschließlich zwölf Jahren. (Heidtmann 1992, S. 68 f.)
Handlung
In der Kinderhörspielserie Bibi Blocksberg geht es um ein dreizehnjähriges quirliges und aufgewecktes Mädchen, das ebenso wie ihre Mutter (und alle weiblichen Verwandten der Familie Blocksberg) eine Hexe ist. Allerdings entspricht diese Hexengestalt keineswegs der klassischen traditionellen Märchenhexe, sondern vielmehr der Gestalt gewöhnlicher Mitbürger aus dem alltäglichen Leben.
Die junge Hexe erlebt ständig neue und aufregende Abenteuer in der fiktiven Stadt Berg Neustadt, wo ihr insbesondere der Bürgermeister oder andere Wirtschaftsvertreter häufig das Leben schwer machen. Nichtsdestotrotz schafft sie es zum Schluss immer, aus den zunächst aussichtslos wirkenden Situationen glimpflich heraus zu kommen. Als helfende Hand unterstützt sie zumeist die Stadtreporterin Karla Kolumna. Bibis ständiger Begleiter ist ihr Besen Kartoffelbrei, der ihr stets zur Seite steht und ihr zugleich als Fortbewegungsmittel dient, da er ein fliegender Besen ist.
Populärrezeption
Bibi Blocksberg gilt als eine der beliebtesten Kinderhörspielserien, besonders in der Zeit der 80er und 90er. Bibi Blocksberg ist zugleich die Lieblingsfigur, nach Benjamin Blümchen, vieler Kinder und insbesondere von Mädchen. (Pöttinger 1997, S. 32 ff.) Die Hörspielserie haben sich mit einer Art Kultstatus in den 80er und 90er Jahren etabliert, der bis heute Bestand hat. Trotz der Verfügbarkeit zahlreicher anderer Medien und insbesondere des Fernsehens sind die Hörspiele weiterhin beliebt und werden gerne gehört (Becker: Produktanalyse Bibi Blocksberg) allerdings mit dem Unterschied, dass heutzutage anstelle von Hörspielkassetten die moderneren CDs oder MP3s dominieren. Bibi Blocksberg verkörpert die Rolle des Vorbilds für viele Kinder im Alter von drei bis einschließlich zwölf Jahren. Überwiegend orientieren sich Mädchen an der Hexe Bibi Blocksberg, denn sie können sich besser mit ihr identifizieren. Jungen bevorzugen hingegen in erster Linie den sprechenden Elefanten Benjamin Blümchen und hören Bibi Blocksberg vorranging im frühen Kindergartenalter (Becker: Produktanalyse Bibi Blocksberg).
Die Geschichten um die Abenteuer von Bibi Blocksberg behandeln in der Regel eine zeitlose Thematik. Sie orientieren sich grundsätzlich an Problemen des alltäglichen Lebens mit den Themen Freunde, Familie, Schule und Politik. Bibi Blocksberg repräsentiert eine weibliche Kinderheldin, die stets als mutiges, abenteuerlustiges und temperamentvolles Mädchen beschrieben wird. (Becker: Produktanalyse Bibi Blocksberg) Nach verschiedenen Analysen schätzen Kinder an der Junghexe besonders ihre „magische Fähigkeit [, die] Fähigkeit zum Entertainment [, ihre] soziale Fähigkeit [und ihre] ästhetische Fähigkeit.“ (Becker: Produktanalyse Bibi Blocksberg)
Wissenschaftliche Rezeption
Bei der Frage, ob die Erfahrungen und Kompetenzen wertvoll sind, die die Kinder aus der Hörspielserie ziehen können, gehen die Meinungen auseinander.
Politikwissenschaftler und Politologen befürchten einen schlechten Einfluss auf die Kinder, durch eine verzerrte einseitige Vermittlung der Politik (Waschinski 2005). Politiker bzw. die Politik im Allgemeinen werden in dem Hörspiel in erster Linie durch den Bürgermeister repräsentiert. Er gilt als Kontrahent von Bibi Blocksberg und wird als korrupt, unsachlich, inkompetent und immer nur an seinem eigenen Wohlbefinden interessiert charakterisiert. Die Polizisten werden negativ und militärisch dargestellt und symbolisieren lächerliche und inkompetente Amtsdiener. Diverse Wirtschaftsvertreter gelten als betrügerisch und unsozial und sind skrupellos bereit ihr Nutzen aus dem Schaden Anderen zu ziehen (Strohmeier 2005).
Bibi Blocksberg und die wissbegierige Stadtreporterin Karla Kolumna verkörpern hingegen das Gute. Sie sind stets darauf bedacht, Unrechtmäßigkeiten oder Benachteiligungen zu unterbinden und gelten somit als Identifikationsfiguren für Kinder (Waschinski 2005). Die zu bewältigenden Probleme werden grundsätzlich durch die Guten gelöst. Dabei wird ein striktes Muster eingehalten. Die meist betrogenen Einwohner der Stadt Berg Neustadt werden durch die Repräsentantin der Medien, Karla Kolumna, über die problematische Sachlage informiert, sodass die Verursacher der Probleme (in der Regel der Bürgermeister) durch die Publikation der Medien zum Agieren gezwungen sind, woraus letztlich ein gutes Ende resultiert (Strohmeier 2005).
Durch diesen Ablauf erlangen Kinder nach Strohmeier die fragwürdige Vorstellung
"[D]ass die Medien zusammen mit den Neustädter Bürgern (und natürlich den Hörspielhelden) im Gegensatz zu [dem negativen Bild der] Politik, Polizei und Wirtschaft grundsätzlich auf der ‚richtigen Seite‘ stehen, sich diese [gute und objektive] Seite stets durchsetzen kann und politische Entscheidungen in der Regel nicht demokratisch getroffen werden." (Strohmeier 2005, S. 3)
Demnach sei das Hörspiel als politisch nicht nützlich und effektiv einzustufen (Lichtlein 2008). Doch von diesem kritischen Standpunkt lassen sich weder Kinder noch Eltern besonders in ihrem Kauf- oder Konsumverhalten beeinflussen. Das Hörspiel genießt nach wie vor einen immensen Erfolg und ist in deutschen Kinderzimmern häufig vertreten, und zwar auch „ohne das Ziel der tiefgründigen politischen Bildung.“ (Lichtlein 2008)
Abgesehen von diesen kritischen Aspekten vermittelt die Kinderhörspielserie aber auch positive Inhalte, z. B. auf schulischer- oder sozialer Ebene. So wird z. B. wird in den Folgen Das Sportfest (Folge 19), Die Hexenschule (Folge 71) oder Die Klassenreise (Folge 81) den jungen Hörern nahe gelegt, dass Schule, Lernen und das Miteinander in einer Klassengemeinschaft Spaß machen können und dass es in der Schule nichts gibt, wovor man sich fürchten muss.
Die Folge Der blaue Brief (Folge 57) appelliert an das Wahrheitsbewusstsein der Hörerinnen und Hörer. Die Botschaft ist, dass man nicht lügen sollte, da Lügen grundsätzlich aufgedeckt werden und Konsequenzen nach sich ziehen, weshalb es immer besser, ist die Wahrheit zu sagen.
Die Vermittlung sozialer, zwischenmenschlicher Kompetenzen kann man an der Folge Bibi‘ s neue Freundin (Folge 10) feststellen. Hier setzt sich Bibi Blocksberg für eine neue Klassenkameradin ein, die anfänglich die Rolle der Außenseiterin einnimmt und auf Grund ihres äußeren Erscheinungsbilds gehänselt wird. Kinder können die angesprochenen Situationen sehr gut auf ihren Alltag beziehen oder sich in den einzelnen Geschehnissen wieder finden und sich somit gut mit Bibi Blocksberg identifizieren.
Literatur
- Pöttinger, Ida: Lernziel Medienkompetenz. Theoretische Grundlagen und praktische Evaluation anhand eines Hörspielprojekts. München: KoPäd Verlag, 1997.
Internet
- Becker, M.: Produktanalyse der Hörspielserie 'Bibi Blocksberg' - was macht den Erfolg dieser Serie aus? http://www.schule-ratgeber.de/materialien/download/482-produktanalyse-der-hoerspielserie-bibi-blocksberg-was-macht-den-erfolg-dieser-serie-aus.html (30.04.2012).
- Bibi Blocksberg Homepage: http://www.bibiblocksberg.de/(30.04.2012).
- Lichtlein, Theresia: „Wie Benjamin Blümchen und Bibi Blocksberg beeinflussen“ in: medienbewusst.de (30.11.2008): http://medienbewusst.de/musik-und-hoerbuecher/20081130/wie-benjamin-bluemchen-und-bibi-blocksberg-kinder-beeinflussen.html (30.04.2012).
- Waschinski, Gregor: „Wie Bibi Blocksberg Kinder politisch verhext“ in: Spiegel Online. 19.10.2005: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,380238,00.html