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[11.10.2019]
Für den diesjährigen Kinder- und Jugendbuchpreis der Stadt Oldenburg sind Der Goldfisch ist unschuldig von Tanja Fabsits, Das Salzwasserjahr von Nora Hoch und Ellens Song von Christine Zureich nominiert. Die Preisverleihung findet am Abend des 18. Novembers im Alten Rathaus in Oldenburg satt.
Die Erstlingswerke der Autorinnen wurden in diesem Jahr aus 212 Einsendungen, darunter 149 Manuskripte und 63 Bücher, gewählt. Gesichtet und beurteilt wurden diese von einer fünfköpfigen Jury, bestehend aus Prof. Dr. Tobias Kurwinkel (Professor für Literaturwissenschaft und Literaturdidaktik mit dem Schwerpunkt Kinder- und Jugendliteratur an der Universität Duisburg-Essen), Christine Paxmann (Herausgeberin des Magazins Eselsohr und Autorin), Birgit Müller-Bardorff (Redakteurin der Augsburger Allgemeinen), Mehrdad Zaeri (Illustrator) und Katharina Zedler (Schülerin der IGS Flötenteich).
Die Nominierten
Nora Hoch: Das Salzwasserjahr
Ein Austauschjahr in Australien. Alles soll sich ändern, findet Jannik, als er auf die andere Seite der Welt reist. Vor allem er selbst. Wenn er sich neu erfinden könnte, wäre er gerne so rätselhaft wie Sienna, die das Meer und ihre Freiheit liebt, die Jannik nahekommt und ihn dann doch immer wieder im Regen stehen lässt. Oder wenigstens halb so lässig wie sein Gastbruder Neil, der scheinbar alles kann, aber verdammt verschlossen ist. Die ganze Familie hütet ihre Probleme wie geheimnisvolle Schätze – bis Ruby wegläuft, die jüngste Tochter der Maddens. Gemeinsam mit Sienna macht Jannik sich auf die Suche und endlich löst sich auch die Sprachlosigkeit der Familie. Eine Geschichte über das Reisen. Und über das Suchen, Finden und Werden.
Aus der Jurybegründung (von Christine Paxmann):
Die Autorin schafft es brillant Naturgegebenheiten und Szenerien zu verbalisieren – sei es die Wucht des Wassers während eines Surfgangs oder die beengten Wohnverhältnisse der Gastfamilie, deren Lebensmittelpunkt der riesige Garten ist. […] Die beständige Anwesenheit des Meeres korrespondiert mit dem aufgewühlten Innenleben der Protagonisten. Wie Jannik und Sienna eine ganz eigene Sprache finden, indem sie Worte zur Geheimsprache ihres Zusammenseins machen, das erzeugt jene Poesie, die schon im Titel steckt. Beide werden durch ihre Sprache zu einem romantischen Paar, ganz im Sinne von Novalis blauer Blume.
Vita:
Nora Joana Hoch, geboren 1983 in Bochum, lebt als Dramaturgin, Theaterpädagogin und Schriftstellerin in Berlin. 2002 erschien im Verlag Edition Wort und Bild ihr Lyrikband Vielleicht wieder zum Wort. Sie studierte Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis in Hildesheim und verliebte sich während des Studiums durch freie Projekte und viele Assistenzen immer mehr ins Theater. Als Dramaturgin und Theaterpädagogin am GRIPS Theater leitet sie seit 2016 eine der größten theaterpädagogischen Abteilungen der Bundesrepublik und redet, spielt und forscht mit hunderten Kindern und Jugendlichen. Das Salzwasserjahr ist ihr erster Jugendroman.
Christine Zureich: Ellens Song
Sommer 1990. Ellen kann es kaum erwarten: Abi machen und nichts wie weg, raus aus der süddeutschen Provinz, endlich ein eigenes Leben, ihre eigene Wende. Da trifft sie Johnny, den punkigen Theaterspieler vom humanistischen Gymnasium. Johnny, den alle anhimmeln, der Geld hat und funktionierende Eltern, keinen Vater, der säuft. Mit ihm findet Ellen so etwas wie ein Ersatzzuhause, bis eine Diagnose auch dieses Glück vor die Zerreißprobe stellt. Christine Zureich spielt kunstvoll mit verschiedenen Perspektiven und schreibt mit großer erzählerischer Intensität von der ersten Liebe, der Kraft der Freundschaft, aber auch Krankheit, Sucht und Tod.
Aus der Jurybegründung (von Prof. Dr. phil. Tobias Kurwinkel):
Christine Zureichs Coming-of-Age-Story überzeugt und beeindruckt: zum einen durch die Geschichte, die auf ihrem Höhepunkt zeigt, welche Bedeutung der Musik als Seelenkraft und -helfer zukommen kann. Zum anderen durch die Art und Weise, wie diese Geschichte erzählt wird: So reflektiert Zureich die Entfremdung, die Distanz ihrer traumatisierten Protagonistin zu sich selbst durch verschiedene Erzählperspektiven, die sie mit einer filmischen Schreibweise kombiniert: Situationen, die für Ellen emotional schwer zu bewältigen sind, werden von ihr drehbuchgleich in Filmszenen wiedergegeben – und übersetzen damit kongenial, wie weit entfernt Ellen von einem kohärenten Ich ist.
Vita:
Christine Zureich wurde 1972 in Suffern, New York, geboren. Sie studierte Soziologie in Tübingen, Uppsala und Frankfurt am Main und lebt und arbeitet heute am Bodensee. Nach Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien (Würth Preis der Tübinger Poetikdozentur, Schwäbischer Literaturpreis, MDR-Literaturwettbewerb und andere) erschien 2018 ihr Roman-Debüt, Garten, Baby!, bei Ullstein fünf, Berlin. Ellens Song ist ihr erstes Jugendbuch.
Tanja Fabsits: Der Goldfisch ist unschuldig
Henri ist wütend. So wütend, dass er den Goldfisch aus dem Fenster wirft. Samt Glas. Weil sein Papa seit Monaten nur mehr diesen Goldfisch anstarrt, auf dem Sofa liegt, nicht reagiert, nicht redet. Aber der Goldfisch kann nichts dafür – das erkennt Henri schnell. Und hat Glück, denn das Glas ist direkt in die offene Mülltonne gesaust, die der Hausmeister gerade aus dem Hof holen wollte. Goldie ist also gerettet, doch das Papa-Problem weiterhin nicht gelöst. Dazu braucht es einen ziemlich guten Plan, meint zumindest Signore Montesanto – der italienische Hausmeister, oder auch Geheimagent, das weiß man nicht so genau. Gute Pläne sind jedoch rar und so mancher kann schnell durchkreuzt werden, vor allem wenn man die Hilfe von anderen braucht, und noch viel mehr, wenn die gar nicht helfen wollen. So stolpert Henri von einem Plan in den nächsten und muss seine Gehirnwindungen mächtig anstrengen, um seinem Ziel näherzukommen – unterstützt durch so manches faszinierende Agenten-Gespräch mit Montesanto im Treppenhaus.
Aus der Jurybegründung (von Birgit Müller-Bardorff):
Die Autorin thematisiert, wie Kinder mit der Krankheit eines Elternteils – einer Depression oder einem Burnout – umgehen. Besonders beeindruckend ist, wie konsequent sie dabei die Perspektive Henris einnimmt. Es geht nicht um den kranken Vater, und so ist es auch nicht von Bedeutung, seine Krankheit im Buch zu benennen. Literarisch überzeugend findet Tanja Fabsits einen Ton, der das schwere Thema mit Leichtigkeit und Komik erzählt. Dazu kommen originelle und interessante Figuren wie der Hausmeister Montesanto, der statt Blaumann Anzug trägt und sich als Geheimagent vorstellt, oder die neugierige Nachbarin Frau Pelinka. Nicht zuletzt Henris Schulalltag, in dem sich der pfiffige Junge mit Cleverness gegen den Klassentyrann Max durchsetzen kann, macht dieses Buch zur ebenso unterhaltsamen wie berührenden Lektüre, die ebenso zum Schmunzeln wie zum Nachdenken bringt.
Vita:
Tanja Fabsits, geboren 1976, studierte Biologie und ist Redakteurin für Wissenschaft und Medizin in Wien. 2016 gewann sie den DIXI-Kinderliteraturpreis, 2019 wurde ihr Buch Der Goldfisch ist unschuldig in die Kollektion des Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises aufgenommen. Sie lebt mit ihrer Tochter in Klosterneuburg.
Zum Preis
Seit 1977 vergibt die Stadt Oldenburg einen Preis für herausragende literarische und künstlerische Leistungen auf dem Gebiet der Kinder- und Jugendliteratur. Der mit 8.000 Euro dotierte Preis ist der einzige seiner Art in Deutschland. Als Förderpreis dient er dem Ansporn und der Ermutigung von Autorinnen und Autoren beziehungsweise Illustratorinnen und Illustratoren, ein Erstlingswerk vorzulegen. Zugleich soll innovativen Ideen eine Chance gegeben und ein Anreiz geschaffen werden, die Werke Unbekannter in die Verlagsprogramme aufzunehmen.
[Quelle: Pressemitteilung]