Biographie

Frances Eliza Hodgson wurde am 24. November 1849 in Manchester, England, geboren, als die Textilindustrie sich dort auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung befand. Fannie, wie sie von allen genannt wurde, beschreibt in ihrer Autobiographie, wie sich überall der Ruß der Fabriken absetzte und in jeden Winkel eindrang. Solange der Baumwollhandel blühte und ihr Vater ein Geschäft hatte, lebte ihre Familie ohne Sorgen.

Fannie hatte eine lebhafte Phantasie und konnte bereits mit drei Jahren lesen. Sie las alles, was sie finden konnte, und spielte ihre Lieblingsgeschichten mit ihrer Puppe nach, indem sie der Puppe die Hauptrolle zuwies und selbst alle übrigen Rollen übernahm. Sie dachte sich auch selbst Geschichten aus, die sie in der Schule erzählte, oder schrieb erste kleine Gedichte und Erzählungen auf (vgl. Hodgson Burnett 1974).

Als der amerikanische Bürgerkrieg ausbrach und keine Baumwolle mehr nach England gelangte, kam die Textilindustrie in Manchester zum Stillstand, wodurch große Teile der Bevölkerung Manchesters arbeitslos wurden und verarmten – auch die Hodgsons waren davon betroffen. 

Nach dem Tod ihres Vaters wanderte die verarmte Familie 1865 nach Amerika aus und wohnte zunächst in Knoxville im Staat Tennessee. Dort lebten sie weiterhin in bescheidenen Verhältnissen, da Amerika sich gerade vom Bürgerkrieg erholte und nicht genügend Arbeitsplätze vorhanden waren. Als die Familie in ein kleines Haus an einem Hügel abseits der Stadt zog, verbrachte Fannie die meiste Zeit in der Natur und beschrieb diese Zeit später als die glücklichste ihres Lebens. Nach dem immerwährenden Ruß in Manchester konnte sie von der reinen Luft und den Bäumen nicht genug bekommen. Oft lag sie im Dickicht und beobachtete Vögel oder schrieb Geschichten. Diese Tage nannte sie ihre "Dryad Days". Um die Familie finanziell zu unterstützen, schickte sie eine ihrer Geschichten an verschiedene Zeitschriften und als eine Erzählung angenommen wurde, begann sie mit 18 Jahren ihre Karriere als Schriftstellerin.

Der Durchbruch gelang ihr mit dem Roman That Lass o’Lowrie’s, der in ihrer Heimat Lancashire spielt und in den sie den Dialekt der Region einfließen lässt. Ihre weiteren Bücher waren ebenso erfolgreich. Bald war Hodgson Burnett so bekannt, dass sie in literarische Kreise eingeladen wurde und selbst einen solchen bildete. 

1886 veröffentlichte Frances Hodgson Burnett mit Little Lord Fauntleroy (dt. Der kleine Lord) ihr erstes Kinderbuch, das sowohl vom Publikum als auch von den Kritikern begeistert aufgenommen wurde und lange Zeit auf Platz eins der Bestsellerliste rangierte. Die Idee, ein Kinderbuch zu schreiben, stammte von ihrem jüngeren Sohn Vivian, der sich wünschte, seine Mutter würde etwas für ihn und seinen Bruder Lionel schreiben. Beide nahmen am Schaffensprozess des Kleinen Lords regen Anteil und diskutierten jeden Abend über ein neues Kapitel mit ihrer Mutter. Bei der Beschreibung des kleinen Lords hat Hodgson Burnett ihren Sohn Vivian als Vorbild genommen und viel aus ihrem eigenen Leben mit ihren Söhnen einfließen lassen, besonders die Gespräche mit Vivian, seine Verhaltensweisen und Bemerkungen (vgl. Carpenter/Shirley 1990, S. 50f).

Die erste Ausgabe wurde von Reginald Birch illustriert, der sich bei seinen Zeichnungen von einer Fotografie des kleinen Vivian inspirieren ließ. Er sollte später auch weitere Werke Hodgson Burnetts illustrieren (z.B. Die kleine Prinzessin und Hodgson Burnetts Autobiographie The One I Knew the Best of All). Der Kleine Lord brachte Hodgson Burnett großen Gewinn ein und ihre Theaterversion von dem Buch verzeichnete ebenso großen Erfolg, sowohl in England als auch in Amerika, wo ihr Stück jahrelang auf Tournee war. 

Als 1888 ein anderes Theaterstück aufgeführt wurde, das ganze Passagen aus Hodgson Burnetts Buch übernommen hatte, leitete Hodgson Burnett ein Gerichtsverfahren ein und gewann den Prozess. Damit hatte sie das Copyright-Gesetz bekräftigt und erntete dafür großen Beifall bei anderen Autoren und den Dank der "Society of British Authors".

Ein Jahr später beendete Hodgson Burnett ein weiteres Kinderbuch mit dem langen Titel Sara Crewe, or What Happened at Miss Minchin’s, das sie 1903 weiter ausarbeitete und mit einem neuen Titel versah: A Little Princess. 1888 wurde Sara Crewe veröffentlicht und war ebenfalls ein Erfolg.

Als 1890 ihr älterer Sohn Lionel mit 16 Jahren an Tuberkulose starb, kam Frances lange nicht über seinen Tod hinweg und schrieb Geschichten über sterbende Kinder. Sie engagierte sich auch vermehrt für die Verbesserung der Lebensumstände von Kindern in England.

1892 schrieb Hodgson Burnett ihre Autobiographie The One I Knew the Best of All, die ihre Kindheit und ihre Jugend bis zum 18. Lebensjahr beschreibt und den Schwerpunkt auf ihre (vorrangig viktorianischen) Kindheitslektüren legt. Das Buch endet mit der Beschreibung, wie es ihr gelang, ihre erste Kurzgeschichte zu veröffentlichen. 

1898 mietete Hodgson Burnett ein neues Haus in England, das Maytham Hall hieß – dort entdeckte sie einen verwahrlosten Garten, von einer Mauer umgeben, den sie zusammen mit einigen Gärtnern wieder zum Leben erweckte und in einen Rosengarten verwandelte. Dort schrieb sie weitere Novellen und freundete sich mit einem Rotkehlchen an. Der Garten und die Freundschaft mit dem Vogel fanden sich in ihrem nächsten Kinderbuch The Secret Garden (dt. Der geheime Garten) wieder. Als Hodgson Burnett 1905 amerikanische Staatsbürgerin wurde, zog sie endgültig nach Amerika: Sie baute ein Haus auf Long Island, in dem sie bis zu ihrem Tod wohnte.

Weitere bekannte Kinderbücher sind The Lost Prince, den sie 1915 veröffentlichte, und Two Little Pilgrims' Progress (1895), in dem zwei Kinder das Meisterwerk The Pilgrim's Progress von John Bunyan lesen und sich danach ebenfalls auf Wanderschaft begeben.

Hodgson Burnett schrieb zeitlebens sehr viel – beinahe jedes Jahr publizierte sie einen Roman oder eine Sammlung von Erzählungen. Insgesamt veröffentlichte sie 60 Bücher. Sie war zweimal verheiratet, beide Male unglücklich. Ihre Söhne stammten aus der ersten Ehe. Vivian, das Vorbild für den kleinen Lord, schrieb später eine Biographie seiner Mutter.

Frances Hodgson Burnett starb am 29. Oktober 1924.

Werk

Frances Hodgson Burnett hat viele Erzählungen und Romane für Erwachsene geschrieben, aber es sind ihre Kinderbücher, die sie als Schriftstellerin unsterblich gemacht haben. Ihre erste Kurzgeschichte veröffentlichte Hodgson Burnett mit 18 Jahren unter dem Titel Hearts and Diamonds 1868 bei Godey's Lady's Book and Magazine.

Lange Zeit war Der kleine Lord Hodgson Burnetts bekanntestes Werk, ab ungefähr 1950 fand jedoch Der geheime Garten immer mehr Beachtung und ist heute das Werk, das als Erstes mit ihrem Namen verbunden wird. 

Viele ihrer Bücher wurden für den Film adaptiert, Der kleine Lord sogar bereits zu Hodgson Burnetts Lebzeiten mit dem damaligen Kinderstar Mary Pickford in einer Doppelrolle: als kleiner Lord und seine Mutter. 

Neben Hodgson Burnetts drei bekanntesten Kinderbüchern Der geheime Garten, Der kleine Lord und Die kleine Prinzessin, die in unzähligen Übersetzungen vorliegen, sind bislang nur wenige Werke ins Deutsche übertragen worden. So einige Geschichtensammlungen wie Unser Nachbar von drüben. Der Griesgram und andere Erzählungen; Louisiana; Die schöne Fischerstochter. Robert Lindsays Glück. Sir Patricks Roman – 3 Erzählungen und Das Land der blauen Blume (ein Bilderbuch mit Illustrationen von Judith Ann Griffith).

Außerdem einige Romane wie Eine vornehme Dame (dt. 1902; A Lady of Quality, 1896), Die hübsche Schwester von José (dt. 1907; The pretty Sister of José, 1889), die heute nicht mehr aufgelegt werden.

In den letzten Jahren wurden weitere Werke von Hodgson Burnett erstmals übersetzt: 2013 erschien das Kinderbuch Das Puppenhaus (engl. Racketty-Packetty House, 1906) und mit Der Frühjahrsputz (engl. The Spring Cleaning, 1908) 2014 ein weiteres Kinderbuch, beide in der Übersetzung von Benjamin Alt.

Im Herbst 2016 erscheinen ebenfalls in erstmaliger Übersetzung die Romane Die Liebenden von Palstrey Manor (engl. The Making of a Marchioness, 1901, übersetzt von Michaela Meßner) und Lord Coombe (engl. The Head of the House of Coombe, 1922, übersetzt von Nadine Erler), die sich eher an ein erwachsenes Publikum richten. Ebenfalls in der Übersetzung von Nadine Erler erscheint außerdem Editha und der Einbrecher, eine Erzählung für Kinder.

Hodgson Burnetts Autobiographie oder andere Werke, die sich mit Hodgson Burnett befassen, sind bislang noch nicht ins Deutsche übersetzt worden.

Wissenschaftliche Rezeption

Die meisten von Hodgson Burnetts Werken wurden sowohl vom Publikum als auch von den Literaturkritikern begeistert aufgenommen. Bereits bei den ersten Auflagen ihrer Kinderbücher erkannten die Kritiker, dass es keinesfalls Bücher waren, die sich ausschließlich an Kinder richteten. Besonders Der geheime Garten wurde als empfehlenswert für Erwachsene erachtet und als Variante von Jane Eyre für Kinder gesehen (vgl. Hodgson Burnett 2007, Vorwort S. xxviii).

Hodgson Burnetts Werke sind im englischsprachigen Raum oft Gegenstand wissenschaftlicher Aufsätze, Interpretationen und Essays. Zur Autorin selbst sind mehrere Bildbände und Biographien erschienen. Die drei bekanntesten Werke Der kleine Lord, Sara – die kleine Prinzessin und Der geheime Garten werden immer wieder neu aufgelegt und sind weltweit übersetzt und bekannt.

Literatur

  • Burnett, Frances Hodgson: The one I knew the best of all. London: Warne, 1974.
  • Burnett, Frances Hodgson: The annotated secret garden. Edited with an Introduction and Notes by Gretchen Holbrook Gerzina.New York: Norton & Co, 2007.
  • Carpenter, Angelica Shirley/Shirley, Jean: Frances Hodgson Burnett – Beyond the Secret Garden. Minneapolis: Lerner Publications Company, 1990.
  • Childhood in Edwardian Fiction. Worlds Enough and Time. Hrsg. von Adrienne E. Gavin und Andrew F. Humphries. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2009.
  • Hunt, Peter: Children's literature. Oxford: Blackwell Publishers, 2001.
  • In the garden. Essays in honor of Frances Hodgson Burnett. Hrsg. Von Angelica Shirley Carpenter. Plymouth: Scarecrow Press, 2006.
  • Kullmann, Thomas: Englische Kinder- und Jugendliteratur. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2008.
  • Thwaite, Ann: Waiting for the Party. The life of Frances Hodgson Burnett. London: Secker & Warburg, 1974.
  • You're a Brick, Angela! A New Look at Girls' Fiction from 1839 to 1975. Hrsg. von Mary Cadogan und Patricia Craig. London: Gollancz, 1976.

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