Inhalt und Gameplay

Das Spiel beginnt mit dem Erwachen des namenlosen Jungens inmitten eines einsamen, dunklen Waldstückes. Ohne Vorgeschichte oder anderweitige Informationen startet eine Reise durch die unterschiedlichen thematischen Landschaften der Spielwelt. Lediglich ein Satz der Spielbeschreibung liefert einen vagen Anhaltspunkt: "Ungewiss über das Schicksal seiner Schwester, betritt ein Junge LIMBO" (Playdead 2010). Neben düsteren Wäldern, weiten Wiesen und dunklen Höhlen, muss sich der Junge seinen Weg durch menschengemachte Settings, wie beispielsweise eine Kanalisation, einen Maschinenraum oder über die Dächer einer Stadt bahnen. Dort lauern hinter jeder Ecke Gefahren, die es zu umgehen und spannende Abenteuer, die es zu meistern gilt. So muss man den Jungen sicher durch lebensbedrohliche Fallen manövrieren, unbarmherzige Spinnenangriffe abwehren (s. Abb. 1) oder ihn – ferngesteuert durch einen leuchtenden Parasiten auf dem Kopf – durch die la­by­rinth­ar­tige Kanalisation bewegen, um dem Rätsel nach der verlorengegangenen Schwester auf die Spur zu kommen.

Dabei ist die Steuerung der Spielfigur zunächst recht einfach gehalten. Man kann den Avatar in vier Richtungen bewegen und hat eine Aktionstaste zur Verfügung. Doch mit den wachsenden Herausforderungen im Spiel, steigert sich auch die Komplexität der Steuerung.

Rudolf Limbo Abb 1Abb. 1: Flucht vor der Spinne. Screenshot aus LIMBO (2010).

Insgesamt muss sich der Junge auf der Suche nach seiner Schwester ganzen 39 Kapiteln voller Gefahren stellen. Wem es gelingt, alle versteckten Errungenschaften (Trophäen) in der Spielwelt zu finden, dem eröffnet sich ein weiteres geheimes Bonus-Level – ein sogenanntes easter egg – mit aufregenden Aufgaben, die den spielenden Personen erneut einen weiten Spagat zwischen Geduld und Handlung abverlangen, um das Level lösen zu können. LIMBO ist für alle gängigen Spiele-Plattformen verfügbar.

Kritik

Der Titel LIMBO ist als Anlehnung an das lateinische Wort limbus zu verstehen und lässt schnell darauf schließen, dass es sich hier um einen Weg durch eine Art "Vorhölle" handeln muss; einen ungewissen Pfad, der einen permanent gefühlstechnisch in der Schwebe hält (vgl. dazu Leigh 2010; OCD 2021).

LIMBO besticht im besonderen Maße durch die, von Anfang bis Ende, zur Perfektion getriebene düstere und ergreifende Atmosphäre. So wird es den Spielenden durch ein außergewöhnliches Zusammenspiel der auditiven Mittel und den von Graustufen dominierten grafischen Darstellungen bereits nach kurzer Spielzeit ermöglicht, völlig in die ästhetische Spielwelt einzutauchen. 

Hierbei ist es vor allem der kleine Junge, der sogleich eine Irritation bei den Spielenden auslösen kann, da man sich in diesem Moment nichts Schlimmeres vorstellen möchte, als ein zerbrechliches Kind in solch einer unwirklichen Umgebung zu sehen. So wächst prompt der Wunsch, den Jungen heil durch diese gefahrenüberlagerte Spielwelt zu führen. Doch recht schnell wird klar, dass das in keinster Weise vom Entwicklerstudio so gewünscht ist. Denn ganz im Sinne von trial-and-death ist die spielende Person dazu gezwungen, den Protagonisten wiederholt in den sicheren Tod zu führen, um herauszufinden, wie das bevorstehende Hindernis überwunden oder die nächste Falle umgangen werden kann. Das Scheitern ist demnach – im wahrsten Sinne des Wortes – vorprogrammiert, tut aber dem Spiel aufgrund des geschickten Respawnings keinerlei Abbruch.

Die schwarz-weiß-grauen grafischen Darstellungen der Spielwelt verlaufen über mehrere Bildebenen und bedienen sich diverser Grafikfilter (Körnung, Weichzeichen etc.), um z.B. die Ferne bzw. das Dickicht des Waldes zu unterstreichen. Des Weiteren ist die Spielwelt von harten schwarz-weiß Kontrasten geprägt. Auf diese Weise werden teils wichtige Spielelemente leuchtend weiß hervorgehoben oder durch tiefes Schwarz verborgen gehalten; ein Wechselspiel von Schatten und Licht entsteht (s. Abb. 2).

Rudolf Limbo Abb 2Abb. 2: Bildebenen des Waldes. Screenshot aus LIMBO (2010).

Betont wird diese drückende Stimmung durch unterschiedliche Geräuschkulissen und musikalische Untermalungen von Martin Stig Andersen. So finden sich neben sphärisch-elektronischen Ambientsounds Geräusche metallischer Kreissägen, platzender Neonröhren oder ein verstörendes, tinitusartiges Pfeifen. Dabei scheint die jeweilige auditive Untermalung gezielt so gewählt zu sein, um das gewünschte Spannungsbild der jeweiligen Spielsituation zu verstärken. Insbesondere im späteren Verlauf des Spieles dienen die angeführten Töne und Rhythmen manchmal sogar als Hilfestellung zur Bewältigung gewisser Challenges. Sowohl die grafischen Darstellungen, als auch die auditiven Mittel tragen demnach zu einem ersichtlichen environmental storytelling bei, das den Rezipierenden Hinweise dazu liefern kann, ob und wie die Spielumgebung in LIMBO nutzbar ist.

Die makellose Ästhetik des Spiels wird durch wechselhafte, knifflige Herausforderungen unterstrichen, die bei den Spielenden von Schreckensmomenten über bloßes Erstaunen bis hin zu verbotenem Schmunzeln führen können. So hat es das Entwicklerstudio geschafft, bei der Bewältigung der verschiedenen Hürden eine ausgewogene Balance zwischen maximaler Verzweiflung und sarkastischem Witz aufzubauen. Ärgert man sich im einen Moment z.B. über seine eigene Unfähigkeit, ein Hindernis zu überwinden, lächelt man vielleicht schon im nächsten Augenblick über die lustig-makabere Art und Weise des Ablebens des Jungens.

Besonders erwähnenswert ist zudem die in LIMBO verwendete Physik-Engine. Diese trägt dazu bei, dass das Spiel äußerst realistischen physikalischen Gesetzen folgt. So werden die Spielenden geschickt mit der Simulation physikalischer Prozesse, wie der Schwerkraft, der Mechanik, der Elektrizität, dem Elektromagnetismus oder auch der Schwerelosigkeit konfrontiert. Dabei ist es – vor allem im späteren Verlauf des Spieles – meist unabdingbar, sich intensiver mit den vorliegenden physikalischen Gegebenheiten auseinanderzusetzen, um die bevorstehenden Rätsel lösen zu können; logisches Denken darf hier nicht fehlen.

Rudolf Limbo Abb 3Abb. 3: Maschinenraum. Screenshot aus LIMBO (2010).

Für alle Interessierten gibt es hier kostenlose Demo Versionen von LIMBO für Windows und Mac, um sich selbst einen ersten Eindruck über das Spiel verschaffen zu können.

Fazit

Auch wenn LIMBO mit sechs Stunden eher eine recht kurze Spielzeit aufweist, kann der Titel durch seine atmosphärische Wirkung und den bis ins letzte Detail ausgeklügelten spielmechanischen Herausforderungen überzeugen und zählt längst zu den Klassikern der Gaming-Welt. Völlig zu Recht wurde das Entwicklungsteam mit hochkarätigen Preisen ausgezeichnet, da es sich bei diesem Spiel um eine künstlerische Glanzleistung handelt, die ihresgleichen sucht. LIMBO war und ist genreprägend für zahlreiche Nachfolgetitel – besonders erwähnenswert ist an dieser Stelle beispielsweise das 2D-Side-Scroller-Game Typoman (2015).

Aufgrund gewisser Gewaltdarstellungen und des recht düsteren Gesamtbildes des Spieles eignet sich LIMBO nicht für Jugendliche unter 14 Jahren.

Literatur

Cambridge Online Dictionary (COD): Limbo. (Abruf: 02.12.2021). Hier online abrufbar.

Leigh, Alexander (2010): Road To The IGF. Limbo's Dino Patti. (Abruf: 02.12.2021). Hier online abrufbar.

Limbo (2010). Playdead. Windows.

Titel: LIMBO
Plattformen: Sony Playstation 4, Sony Playstation 3, Mobile Game iOS, Mobile Game Android, Mac OS, Microsoft Windows (PC), Microsoft Xbox One, Microsoft Xbox 360
USK: 12 Jahre
Entwicklungsstudio: Playdead
Erscheinungsjahr: 2010
Altersempfehlung Redaktion: 14 Jahre
Playdead: LIMBO