Fortnite gehört zu den seit Jahren einflussreichsten Spielen für Kinder und Jugendliche. Bekannt vor allem als Shooter mit Battle-Royal-Modus, bei dem eine Person oder ein Team auf einer kleiner werdenden Map durch das Eliminieren der Gegner*innen gewinnt, bildet Fortnite mit verschiedensten Spielmodi und eigener Engine mittlerweile eine komplexe Gaming-Infrastruktur und einen informellen sozialen Raum für Heranwachsende.
Inhalt und Gameplay
Das Genre Battle Royale existierte bereits vor Fortnite, am populärsten beim Shooter PUBG (Player Unknowns Battleground). Der Spielmodus basiert auf dem Prinzip, dass eine größere Menge von Spieler*innen auf einer Map, also Spielkarte landen, dort Waffen und Items (beispielsweise zur Verteidigung, Regeneration) sammeln und sich gegenseitig eliminieren, bis nur noch eine Person (bzw. ein Team) auf der Karte übrigbleibt. Als Inspiration gilt dafür (neben anderen Vorlagen) der japanische Roman und Film Batoru Rowaiaru von Kōshun Takami, der als Sozialkritik und Coming of Age Geschichte gelesen werden kann. Obwohl Fortnite mit diesem Spielmodus seine große Popularität erreichte, war das Spiel ursprünglich als eine Art Tower Defense, also die Verteidigung eines Stützpunktes gegen Zombiehorden konzipiert. Dabei konnten vor allem verschiedene Materialien gesammelt werden, um beispielsweise Barrikaden zu verstärken. Im heute überwiegend mit Fortnite in Verbindung gebrachten Battle Royal Modus sind die Ursprünge des Tower Defense Genres immer noch in der Möglichkeit des Bauens vorzufinden, was ein großes Unterscheidungsmerkmal zu Spielen wie PUBG darstellt. Zum Fortnite Universum gehören aber mittlerweile auch ein Lego Spiel, das in seinen Crafting- und Survivalmechaniken stark an Minecraft erinnert, in einer Kooperation mit Rocket League gibt es ein Autorennspiel und im Fortnite Festival findet sich ein Rythmus-Spiel im Stil von Guitar Hero um nur einige Beispiele zu geben. Sowohl im Sandboxmodus als auch der Unreal Engine können Spieler*innen eigene Fortnite-Welten oder davon unabhängige Spiele kreieren.
Abb. 1: Fortnite wure zwar bekannt durch seinen Battle Royale Modus, ist mittlerweile aber ein Cosmos aus verschiedensten Spielen über Racing Games, Survival-Crafting Mechaniken oder auch von Usern generierten Mini-Spielen und Maps. Alle Games können über den gleichen Account gespielt werden, sodass ein schneller Wechsel zwischen verschiedenen Aktivitäten möglich ist.
In diesem Beitrag soll aber ausschließlich der Battle Royal Modus kurz zusammengefasst werden: 100 Spieler*innen springen mit Fallschirmen aus einem fliegenden blauen Schulbus in verschiedene Gebiete einer Insellandschaft. Diese Map verändert sich graduell (und einem übergreifenden Narrativ folgend) über die verschiedenen Seasons von Fortnite, bietet aber auch eine abwechslungsreiche Landschaft mit Schnee, Gras und Wüstengebieten, Flüssen und verlassenen Farmen, zahlreichen Gebäuden und weiteren Points of Interest (POIs). Insbesondere in Gebäuden finden sich Items wie Waffen, Verbandsmaterialien oder Verteidigungstränke, besonders wertvolle Items lassen sich dabei in golden leuchtenden (und durch ein auditives Signal auffindbare) Truhen finden. Gleichzeitig sammeln aber auch die zahlreichen anderen Spieler*innen die begehrten Items, sodass nach einer kurzen Orientierungsphase bereits erste Kämpfe stattfinden. Für den Baumodus kann mit der standardmäßig ausgerüsteten Axt durch das Zerstören von Gebäuden oder Bäumen auch Baumaterial gesammelt werden. Neben einem konfrontativen Kampf kann aber auch das Verstecken in Büschen, Boxen oder in der Landschaft eine Strategie sein, um möglichst lange zu überleben. Dabei zwingt jedoch ein aufziehender Sturm, dessen Außenbereiche Schaden verursachen, die Spieler*innen dazu, dem immer enger werdenden Auge des Sturms zu folgen und so über eine Spielzeit von ca. 15. Minuten auf die übrigen Spieler*innen zu treffen. Das Spielprinzip ist dabei einfach: Bewegen auf der Map, Sammeln von Materialien, Eliminieren von Gegner*innen, ohne selbst getroffen zu werden, bis nur noch eine Person (oder ein Team) übrig bleibt.
Abb. 2: Neben dem Eliminieren von anderen Spieler*innen können die Maps auch abhängig von verschiedenen Seasons zusätzliche Aufgaben (z.B. hier das Ausrauben einer Bank) bereitstellen. Diese ermöglichen beispielsweise besondere Items als Belohnungen im Game oder auch Fortschritt für den Fortnite Account oder Season Pässe.
Durch die limitierten Inventarplätze werden kontinuierlich Waffen und Ausrüstung verbessert bzw. ausgetauscht, einerseits durch die Truhen und frei verfügbaren Gegenstände, aber auch durch Items, die im verlorenen Inventar der eliminierten Spieler*innen zu finden sind. Ein Farbschema (grau, grün, blau, lila, gold) zeigt dabei die Seltenheit und damit auch Stärke der verschiedenen Waffen an. Es können sowohl Distanz- als auch Nahkampfwaffen wie Baseballschläger, Pistolen, Gewehre oder Granaten eingesetzt werden. Auf der Map selbst kann man sich neben dem Gleiter auch mit verschiedenen vorfindbaren Gefährten, sowohl auf Land und Wasser als auch in der Luft fortbewegen, zieht damit aber potenziell auch die Aufmerksamkeit anderer Spieler*innen auf sich.
Kritik
Fortnite schaffte es, das Battle Royal-Genre zu revolutionieren und vor allem für Heranwachsende attraktiv werden zu lassen. Seit seinem Start 2017 ist das Spiel in den KIM- und JIM-Studien zum Medienverhalten Heranwachsender in den Toplisten vertreten. Dabei spielt einerseits die zugängliche Cartoon-Optik und der Verzicht auf gewaltvolle Darstellungen eine Rolle, aber auch das Freemium-Game-Konzept mit dem Fortnite einen großen Einfluss auf den gesamten Games-Markt genommen hat. Als Free-to-play-Titel kann Fortnite auf allen gängigen Konsolen und Computern kostenlos heruntergeladen und gespielt werden. Das Spiel finanziert sich einerseits über kosmetische (also keinen Vorteil im Spiel bringende) Items wie Charakter-Skins (also das änderbare Aussehen des Spielcharakters), kosmetische Waffenskins, Gleiter oder Accessoires und die besonders über Plattformen wie TikTok berühmt gewordenen Emote-Tänze (vgl. dazu im Schulkontext Eggers 2018). Andererseits stellen auch die sogenannten Season Pässe, mit denen u.a. durch zeitlich limitierte Missionen exklusive Items freigeschaltet werden können, einen möglichen Kostenpunkt für Spieler*innen dar.
Abb. 3: Im Shop können unter anderem personalisierte Character Skins, dekorative Items oder Tänze durch die Ingame-Währung V-Bucks gekauft werden. Dabei können auch reale Marken im Spiel platziert werden oder über Crossover andere popkulturelle Serien, Filme oder Stars integriert werden.
Diese Season Pässe tragen laut Carter et al. (2020a, 142) auch dazu bei, dass Spieler*innen immer längere Zeiten im Spiel verbringen, um durch das Erfüllen der Challenges begehrte limitierte Items zu erspielen, die als Statussymbole gelten. Das Aussehen der Charaktere kann wie erwähnt durch sogenannte Skins angepasst werden, die entweder über die Pässe erhalten, erspielt oder gekauft werden können. Mit einer ‚Default Skin‘ zu spielen, kann laut einer Studie von Anderson (2019, 12) bei Kindern und Jugendlichen mit Mobbing verbunden sein. Wie bei vielen Games wird für diese Mikrotransaktionen von geringen Beträgen dabei zunächst die echte Landeswährung in eine In-Game-Währung, sogenannte V-Bucks umgewandelt, was mit einer Verschleierung der real ausgegebenen Beträge einhergehen kann. Trotz des Freemium-Einstiegs ins Spiel können also, ob durch eigenes Interesse am Spiel oder den Druck durch Peers, oft zusätzliche Kosten entstehen. Besonders bei Kindern sollten diese Kosten also im Vorhinein gemeinsam besprochen und im Blick behalten werden.
Eine Sorge Erziehender neben hohen Spielzeiten stellt die potenzielle Gefahr in der digitalen Vernetzung über Plattformen wie Fortnite dar (vgl. Carter et al. 2020b). Besonders bei Kindern ist daher eine Aufklärung zum Umgang mit Fremden im Internet hilfreich, Erziehende können aber auch über das Fortnite Konto bestimmte Funktionen wie Sprachchat oder Kontakt mit Fremden einschränken (mehr Informationen dazu unter epicgames.com und klicksafe.de). Trotz dieser Kritikpunkte sollten Erziehende aber auch bedenken, dass Fortnite auch als informeller Ort für Austausch genutzt wird, was sich sehr positiv und identitätsbildend auswirken kann (vgl. Andrade, Ferreira 2021: 47). Gerade die Möglichkeit zur Vernetzung mit Freund*innen beispielsweise im Spiel in Duos, Trios und Squats, im Playground-Mode, Lego-Fortnite oder dem Racing Game steht einer Isolierung durch Computerspiele entgegen und es werden Fertigkeiten zur Kollaboration und Kommunikation gefördert (vgl. Anderson 2019: 13).
Fortnite begeistert viele Kinder und Jugendliche, was sich neben den kontinuierlich hohen Spieler*innenzahlen beispielsweise an der zahlreichen Ratgeberliteratur, aber auch fiktionalen Hörspielen und Büchern zeigt, die an den Fortnite-Kosmos anschließen oder an den Fortnite Tänzen, die auf Pausenhöfen und in Tiktok-Videos performt werden. Erste wissenschaftliche Arbeiten (z.B. Marlatt 2020) weisen durch die Popularität und hohe Identifikation von Heranwachsenden mit Fortnite auf das hohe Bildungspotential des Spiels hin, beispielsweise indem die Storyworld als Coming-of-Age-Geschichte verstanden wird (vgl. Ntelia 2022). Carter et al. (2020a, 144) warnen deswegen vor einer vorschnellen Stigmatisierung von langen Spielzeiten als ‚Spielsucht‘. Statt einer reinen Fokussierung der öffentlichen Debatten auf die Bildschirmzeit kann ein Verständnis für die konsumierten Inhalte, ein Respekt und Interesse für die Interessen bei gleichzeitiger Aufklärung und Beobachtung der Risiken ein guter Weg sein, mit neuen digitalen sozialen Räumen wie Fortnite umzugehen.
Fazit
Fortnite ist, wie in diesem kurzen Einblick gezeigt wurde, nicht nur ein Spiel (vertiefend zu den verschiedenen Spielmodi siehe u.a. Bodden demn.), sondern kann auch Raum zum sozialen Austausch, zum kreativen Schaffen und Kollaborieren sein. Obwohl das Game u. a. als Shooter zwar gewaltvolle Inhalte ermöglicht, werden diese nicht graphisch dargestellt in Form von Blut oder Wunden. Zahlreiche Spielmodi wie z.B. Lego-Fortnite sind nicht auf ein PvP-Spiel (Player vs. Player), sondern einen gemeinsamen Spielmodus ausgerichtet. Die Pan European Game Information setzt dementsprechend für den Battle Royal Modus von Fortnite die Altersfreigabe bei 12 Jahren an. Auch bei Lego-Fortnite wird von der USK auf die dargestellte Fantasy-Gewalt verwiesen, doch „[d]ie Gewaltdarstellungen sind von einer magischen, märchenhaften oder futuristischen Gesamtumgebung geprägt und klar von der Realität zu unterscheiden.“ (USK 2023) Trotzdem scheint die Fortnite Umgebung zu einer (im Vergleich beispielsweise zu Minecraft) höher liegenden Altersvorgabe beizutragen. Tatsächlich startet die Spieler*innenschaft häufig schon deutlich jünger als diese Empfehlungen (vgl. u.a. KIM-Studie 2022, 56; Ntelia 2022: 83), Erziehende sollten sich deshalb zumindest über die verschiedenen Game-Modi und mögliche Gefahren informieren.
Literatur
Anderson, Katie Elson: „Getting acquainted with social networks and apps: figuring out Fortnite in (hopefully) less than a fortnight“, in: Library Hi Tech News 36/9 (2019), S. 11-16.
Bodden, Tamara: FORTNITE (2017). In: Inderst, Feige (Hrsg.): Computerspiele. 50 zentrale Titel. Bielefeld: transcript (demn.). S. 169-176.
Marcus Carter et. al.: „Children's perspectives and attitudes towards Fortnite ‚addiction‘“, in: Media International Australia, Incorporating Culture & Policy 176 (2020a), S. 138-151.
Marcus Carter et al.: „Situating the Appeal of Fortnite Within Children's Changing Play Cultures“, in: Games and culture 15 (2020b), S. 453-471.
Eggers, Gesa: „Die Fortnite-Tänze: ein Schulhof-Trend im Klassenraum“, in: Praxis des Musikunterrichts 133 (2018).
Marlatt, Rick: „Capitalizing on the Craze of Fortnite: Toward a Conceptual Framework for Understanding How Gamers Construct Communities of Practice“, in: Journal of Education 200/1 (2020), S. 3-11.
MFS (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest): JIM-Studie 2023. Jugend, Information, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 12- bis 19-Jähriger. Hier online abrufbar.
MFS (Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest): KIM-Studie 2022. Kindheit, Internet, Medien. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger. Hier online abrufbar.
Ntelia, Renata E. (2022): „Fortnite as Bildungsspiel? Battle Royale Games and Sacrificial Rites“, in: Acta Ludologica 5/1, S. 80-100.
USK: LEGO Fortnite (Mobile Game) 24.10.2023. Hier online abrufbar.
