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Polly ist ein Waisenkind, dessen sich "Großmutter" angenommen hat, weil es sonst niemand tun würde – wie auf dem Zettel stand, der damals mit der ausgesetzten Polly im Körbchen lag.

Die Großmutter verdient ihren Lebensunterhalt mit Bonbons, die sie selber kocht und dann auf dem Markt verkauft. Sie leben sehr glücklich in dem kleinen Haus mit dem kleinen Garten, in den nur ein Kirschbaum passt und unter dem die beiden im Sommer frühstücken.

Jeden Abend spricht Polly ein Gebet über einen Engel, der zwei Kerzen und ein Buch trägt und nachts um das Haus geht. Dieses Gebet bereitet Polly Kopfzerbrechen, weil sie sich nicht vorstellen kann, wie der Engel das alles tragen kann, und so blickt sie noch oft durch das Fenster, wenn die Großmutter schon schläft, in der Hoffnung, den Engel einmal zu erblicken. Hinzu kommt noch ein neuer Erzählfaden (in der Originalgeschichte nicht vorhanden): die Freundschaft zwischen Polly und einem etwas älteren Jungen namens Adrian, der Polly trotz des Altersunterschieds respektiert, und den sie bewundert.

Als die Großmutter sich eines Tages vor Weihnachten das Bein bricht, sieht es ganz so aus, als sollte es dieses Jahr kein richtiges Weihnachtsfest geben, weil sie nun keine Bonbons mehr verkaufen und das Haus nicht weihnachtsfein machen kann. Doch das alles besorgt nun Polly und am Weihnachtsabend wird sie von der Großmutter mit einer Puppe belohnt, die sie sich seit langem sehnlich gewünscht hat. An diesem Abend schleicht Polly sich wie sonst auch ans Fenster und erblickt einen Garten voller Engel.

Kritik

Jedes Kind kennt Pippi, Michel und Madita, aber die wenigsten kennen die Märchen, die 2010 auf DVD erschienen sind. Eine von diesen weniger bekannten Astrid-Lindgren-Adaptionen ist der 29 Minuten lange Kurzfilm Polly hilft der Großmutter von 1988, bei der Daniel Bergman Regie geführt und Astrid Lindgren selbst das Drehbuch verfasst hat.

Die liebevoll gestaltete Filmadaption erinnert an die allseits beliebten Ilon-Wikland- Illustrationen aus den Büchern von Astrid Lindgren und schreibt sich mit ihren sorgfältig umgesetzten Marktszenen in die Tradition der Michel-Filme ein. Der kleine Garten mit dem Kirschbaum aus der Vogelperspektive und die typischen niedrigen roten Häuser scheinen Wirklichkeit gewordene Wikland-Zeichnungen und tragen so zu dem Eindruck bei, dass man einen "verfilmten" Bildband vor sich hat.

Auffällig sind die Farben des Films, die durchgehend etwas bräunlich gehalten sind und durch die oft verwendeten natürlichen Lichtquellen (Kaminfeuer und Kerzenlicht) gezwungenermaßen dunkel ausfallen, was an alte Fotografien in sepia denken lässt und somit den Eindruck vom  "Bildband" verstärken, den man in die Zeit um die Jahrhundertwende einordnen kann. Diese Zeit wird sorgfältig nachgezeichnet und den kleinen Zuschauern deutlich durch die Filmausstattung vor Augen geführt, die bei Pollys altmodischer Puppe anfängt und bei Pferdewagen aufhört.

Zu dem Eindruck eines zum Leben erwachten Bilderbuchs kommt die kindgerechte Umsetzung der Geschichte hinzu, die sich in mehreren filmischen Gestaltungsmitteln niederschlägt, wie z. B. das Kindertempo der Adaption, die sich mit wenigen Schnitten begnügt und sich für gewöhnliche, alltägliche Vorgänge Zeit lässt. So können die Kinder mitverfolgen, wie Polly das Haus fegt, einen Kessel blank reibt oder auf dem Markt die Bonbons aufreiht.

Sehr oft wird Pollys Gesicht in Großaufnahmen gezeigt, die den Kindern ermöglichen, ihre Gefühle ganz nah mitzuerleben, und wenn die Kamera auf ihrer Höhe ist, das Geschehen aus ihrer Perspektive mitzuverfolgen.

Ebenso kindgerecht ist der spärliche Einsatz von Filmmusik, die Rücksicht auf den noch empfindlichen Hörsinn der Kinder im Vorschulalter nimmt. Wenn besondere Momente im Filmgeschehen unterstrichen werden, erklingt eine zarte Klaviermelodie, die das musikalische Empfinden von Kindern sehr einfühlsam anspricht.

Ein gelungener Rahmen wird durch den Zettel geschaffen, der bei Polly im Körbchen lag und von dem Großmutter ihr schon "tausendmal" erzählt hat: am Weihnachtsabend liegt derselbe Zettel bei der Puppe, derer Polly sich nun annimmt.

Dieser im Ganzen kindgerechte Film wird jedoch vor allem von der eindrucksvollen Darstellung der Polly-Darstellerin Mathilda Lindgren getragen, die so natürlich vor der Kamera agiert, als wäre diese gar nicht vorhanden. Sie ist von der ersten Szene an überzeugend und macht diese Adaption zu einer ganz Besonderen, die noch heute absolut sehenswert ist.

Die sympathische Großmutter (Maj-Lis Granlund) und Frau Bomann (Brigitta Andersson) aus dem Spielzeugladen, in der wir Frau Nilsson aus Madita  wiedererkennen, passen sich Pollys Spieltempo an, wodurch der Film die Kinderwahrnehmung durchgehend respektiert und so berührend wirkt.

Fazit

Diese Adaption einer der schönsten Erzählungen Astrid Lindgrens ist somit auf allen Ebenen kindgerecht und reiht diesen Film unter die anderen bekannten und beliebten Klassiker ein. Mit Polly hilft der Großmutter wird den Kindern ein Wirklichkeit gewordenes, schön gestaltetes Bilderbuch vor Augen geführt, das sie in eine entschwundene Zeit eintauchen lässt.

Bedauerlich ist nur, dass uns bei der deutschen DVD eine gekürzte Fassung vorliegt, wie es bei so vielen anderen Astrid-Lindgren-Adaptionen der Fall ist. U. a. ist eine Szene mit Inger Nilsson weggefallen – der zu dieser Zeit bereits erwachsenen Pippi-Langstrumpf-Darstellerin – was für den einen oder anderen doch sicher interessant gewesen wäre…

Titel: Polly hilft der Großmutter
Regie:
  • Name: Bergman, Daniel
Drehbuch:
  • Name: Lindgren, Astrid
Erscheinungsjahr: 1988
Dauer (Minuten): 29
Altersempfehlung Redaktion: Unter 2 Jahre
FSK: 0 Jahre
Format: DVD/Blu-ray