Inhalt

Angel Rahimi ist ein Fangirl der populären (fiktiven) Boygroup „The Ark“. Zwar hat sie gerade ihren Schulabschluss gemacht, doch Zukunftspläne hat sie keine. Sie interessiert sich ausschließlich für die angehimmelten Stars, kennt kein anderes Thema und hält ihre Begeisterung für das Trio für wahre, große Liebe. So ist sie außer sich vor Freude, als „The Ark“ endlich ein Konzert in London gibt und sie zu einem persönlichen Meet and Greet mit Jimmy, Rowan und Lister eingeladen ist. In London kommt sie bei einem anderen Fangirl unter, das sie bisher nur online kannte. Zwar scheint die Freundschaft mit Juliet auch in der wahren Welt Bestand zu haben, aber es kommen Differenzen auf, weil Juliet durchaus auch noch andere Interessen jenseits der Boygroup hat, was Angel überhaupt nicht verstehen kann. Außerdem ärgert sie sich, dass Juliet noch einen anderen Internet-Freund eingeladen hat, der sich als „The Ark“-Fan ausgibt, was Angel ihm aber nicht abnimmt. Die Protagonistin lebt in ihrer ganz eigenen Welt: in ihrer Fan-Blase. 

Die Handlung ist aber nicht nur aus ihrer Perspektive erzählt, sondern sie wechselt kapitelweise zwischen Angels Erleben und jenem von Jimmy Kaga-Ricci, einem der drei Boygroup-Mitglieder, hin und her. Durch die Fokalisierung auf sein Erleben wird deutlich, wie schwer es die Youtube-Stars haben, wie stark sie unter dem öffentlichen Druck der Fans leiden. Vor allem für Jimmy wird das Leben als angehimmelter Star immer unerträglicher. Er leidet unter Angstzuständen und Panikattacken, die fortlaufend schlimmer werden. Seine einzige Bezugsperson ist sein Großvater, zu dem er im Laufe der Handlung flieht. Zuvor kommt es auf einer Toilette im Backstage-Bereich zu einer folgenschweren Begegnung zwischen Angel und Jimmy, in der das Mädchen Zeugin von Jimmys Panikattacken wird. Er fürchtet, das Fangirl könne damit an die Öffentlichkeit gehen, doch das tut es nicht. Vielmehr entwickelt sich eine Freundschaft zwischen Angel und Jimmy, an deren Ende für Angel die Erkenntnis steht. Der Grund, warum Leute Fans von Bands werden ist: „Sie wollen sich einfach an etwas festhalten, womit sie sich gut fühlen. Selbst wenn es alles eine große Lüge ist.“ (S. 436)

Kritik

Oseman erzählt spannend und dynamisch und versucht, ihren Figuren psychologische Tiefe zu verleihen. Das gelingt ihr durch die variable interne Fokalisierung, die den Leser*innen Einblick in das Innenleben ihrer beiden Protagonist*innen gibt. Zunächst mag der Zugang für diejenigen, denen das Dasein eines Fangirls eher fremd ist, schwierig sein, denn es ist nicht unbedingt nachvollziehbar, dass ein junges Mädchen sich für nichts anderes im Leben interessiert als für eine verehrte Band:

Liebe fühlt sich manchmal nicht wie das richtige Wort an. Die Gefühle, die ich für The Ark habe, sind das, was mich jeden Tag am Laufen hält. Sie lassen mich aufstehen, selbst wenn alles andere Mist ist und ich mich wertlos fühle. (S. 253)

Jimmy hingegen wächst das Leben in der Öffentlichkeit zunehmend über den Kopf. Seinem geliebten Großvater gegenüber artikuliert er:

Ich weiß nicht, wer ich bin. Alles, was ich tue, fühlt sich wie eine Lüge an: Ich wache jeden Tag auf, und dann muss ich Jimmy Kaga-Ricci, dieser berühmte Typ sein, und ich muss in die Kameras lächeln und Hi zu den Leuten sagen, aber...unten drunter weiß ich noch nicht mal, wer ich bin. (S. 131)

Diese beiden Perspektiven treten vor der Kulisse einer schnell erzählten Handlung in den Dialog miteinander, ohne dass die Geschichte in eine platte Romanze abrutscht, wie man zwischendurch befürchtet. Denn zwischen Angel und Jimmy geht es nicht um eine Liebesbeziehung, sondern um Freundschaft. Bemerkenswert ist, dass der Umstand, dass Angel eine praktizierende Muslimin ist und ein Kopftuch trägt und Jimmy ein Trans-Junge, eigentlich keine Rolle spielt und auch nicht weiter problematisiert wird. Gerade daraus erwächst ein selbstverständlicher Umgang mit Diversität, der im Jugendbuch bislang noch selten ist und sich darum auch als besonders gelungener Appell für die Toleranz von Vielfalt lesbar ist. 

Fazit

Ein spannend erzählter Text, der ein ungewöhnliches Thema fokussiert, der den Abrutsch in den Kitsch, der immer ganz nahe ist, letztlich durch eine gelungene Tiefenschärfe in der Figurenkonzeption vermeidet. Empfehlenswert für junge Leser*innen ab 14 Jahren – auch wenn das exzessive Fansein der Protagonistin vielleicht phasenweise irritiert.

Titel: I was born for this
Autor/-in:
  • Name: Oseman, Alice
Originalsprache: Englisch
Übersetzung:
  • Name: Katharina Köller
Erscheinungsort: Bindlach
Erscheinungsjahr: 2023
Verlag: Loewe
ISBN-13: 978-3-7432-1221-3
Seitenzahl: 443
Preis: 17,50 €
Altersempfehlung Redaktion: 14 Jahre
Oseman, Alice: I was born for this