Wir (allen voran eingefleischte Sams-Fans) erinnern uns: 2017 hatte Paul Maar sein 1973 aus der Taufe gehobenes Sams das erste Mal Weihnachten feiern lassen. Die Erzählung über Herrn Taschenbier, Frau Rotkohl, das Sams und das Mini-Sams endete am Heiligen Abend. Nun geht es unmittelbar weiter: Am Ersten Weihnachtsfeiertag verschwindet das Mini-Sams, was eine turbulente Suche voller Sprachspiele in typischer Sams-Maniére nach sich zieht. Eine beschauliche und lustige Weihnachtslektüre für die schönste Zeit im Jahr, an die Erzählkraft der ersten Sams-Bände reicht dieser Band aber nicht heran und bleibt auch hinter dem ersten Weihnachtsband zurück.

Inhalt

Ja, was passiert eigentlich? Selten erscheint die Annäherung an eine Inhaltsangabe so schwierig, denn die hier aufgeworfene Frage ließe sich beinahe so beantworten: Nichts! Das Sams reimt, die Leserinnen und Leser werden – wie in allen späteren Sams-Bänden – hin und hergeworfen zwischen der Menschenwelt und der Sams-Welt. Doch während das Ur-Sams mithilfe des Zauberspruchs „Trofos!“ noch mühelos zwischen den Welten switchen kann, hängt das niedliche Mini-Sams, das wieder alle mit seinem Dauer-Spruch „Ich hätte da mal eine Frage“ nervt, irgendwie in der Sams-Welt fest. Dabei wird es in der Menschenwelt von Frau Rotkohl schmerzlich vermisst, mit der es trotz ihrer Weihnachtshasserei am Heiligabend innige Freundschaft geschlossen hatte. Das Übersams in der Sams-Welt ist mit seinem Job als Anführer inzwischen arg überfordert, schläft dauernd auf seinem Kürbis ein und wirkt dement. Also greift das altvertraute Taschenbier-Sams ein und versucht, das Mini-Sams zum menschlichen Weihnachten zurückzuholen. Das gelingt auch, aber das Mini-Sams landet nicht, wie gewünscht, bei Frau Rotkohl in der Wohnung, sondern auf dem Schlittenberg, wo auch Herr Taschenbier und das Sams wild mit einem Backblech den Berg hinab gerodelt sind. Leider verfehlen sie sich, weil Herr Taschenbier und das Sams mehr oder weniger zufällig bei dem Dichter Herrn Weinstein mit ihrem Schlittenersatz in die Tür rasen und nun Bekanntschaft mit einem Alter Ego von Paul Maar selbst machen. Während sie sich ausgelassen der Freude an der Reim- und Fabulierkunst hingeben, wird das Mini-Sams von der freundlichen Elisa aufgelesen und mit nach Hause genommen. Die titelgebende große Weihnachtssuche nach dem Mini-Sams beginnt...

Kritik

Andreas Wicke zitiert in seiner Rezension von Das Sams feiert Weihnachten aus einem Spiegel-Artikel von Claudia Voigt, dem rebellischen Sams gehe fast völlig die Luft aus, "gegen den wachsenden Wohlstand und das wattige Wohlfühlklima ist selbst das Sams machtlos." Jetzt erliegt es seiner Machtlosigkeit und avanciert zum reinen Platzhalter, zum Verkaufsschlager-Wesen, das auf den Zug des Weihnachtsgeschäftes aufspringt. Ein Titel für die Weihnachtsauslagen: Das Sams zieht wegen seiner Bekanntheit. Und klar, das sei dieser bitterbösen Kritik angefügt: Die fröhliche Fabulierkraft, die sich in den Sprachspielen und Reimen des Sams ausdrückt, die erhält es sich. Immerhin, der Sprachwitz und der Charme der größtenteils schon 1973 entwickelten Figuren bleiben erhalten und eröffnen eine freundliche Vorleselektüre für die Weihnachtszeit. Wie gehabt dichtet und reimt das Sams, was das Zeug hält, vor allem in der Begegnung mit Dichter Weinstein, der offenkundig als Alter Ego von Paul Maar selbst daherkommt:

"Wenn der Dichter dichtet
und der Richter richtet,
wenn der Wein weint
und der Schein scheint,
freuen wir uns alle hier,
nicht nur mein Papa Taschenbier" (S. 85)

Der Text sprudelt nur so vor solchen lyrischen Ergüssen – und das so wunderbar überbordend und einnehmend, wie man es von Paul Maar kennt. Alles dies, aber nicht mehr subversiv, denn der Zeitgeist der 1970er Jahre ist ja nun auch schon lange überholt. Was nun? Brauchen wir diese späten Fortsetzungen vom Sams noch? Man mag antworten: Im Grunde ist ja auch das wieder aktueller Zeitgeist: alles in Serie, nahezu endlos, ein Band jagt den nächsten, und Weihnachten feiern wollen ja auch die Serienfiguren. Friede, Freude, Plätzchen backen.

Fazit

Unbeschwerte Freude bringt das chaotische Sams immer, das auch in der bezaubernden, Winterwunderweihnachtswelt voller Schnee und Sternchen. Wer wissen will, wie es nach dem Heiligabend im Hause Taschenbier weitergeht, der sollte sich unbedingt auch mit dem Sams auf die große Weihnachtssuche begeben. Empfehlenswert vor allem zum Vorlesen, aber natürlich auch zum Selberlesen für Kinder ab 7 Jahren.

Titel: Das Sams und die große Weihnachtssuche
Autor/-in:
  • Name: Maar, Paul
Erscheinungsort: Hamburg
Erscheinungsjahr: 2022
Verlag: Oetinger
ISBN-13: 978-3-7512-0352-4
Seitenzahl: 171
Preis: 15,00
Altersempfehlung Redaktion: 7 Jahre
Maar, Paul: Das Sams und die große Weihnachtssuche