Inhalt

Die Hackebarts sind eine durch und durch besondere Familie. Das merkt man schon an den Vornamen der Kinder, wegen der die Eltern stets Ärger auf dem Standesamt hatten. Denn wer nennt seine Kinder schon Zosch, Brooklyn und Mönkemeyer? Ihre jüngste Tochter wollten sie „Anakonda“ nennen, doch da streikte die Standesbeamtin. Und so nannten sie ihre Nachzüglerin einfach nur Lulu. Ungeachtet dessen ist auch Lulu ein besonderes Kind, um genau zu sein:

Ein Wunderkind. Ein Kind, wie es nur alle tausend Jahre geboren wird. Lulu verfügte über ein sagenhaftes fotografisches Gedächtnis, ihr Kopf glich einer Art Supercomputer. Lulu behielt einfach alles! (S. 13)

Diese (ironisch überspitzte) Hochbegabung macht sich die von finanziellen Sorgen gebeutelte Familie zu Nutze. Mutter Hackebart verdient als LKW-Fernfahrerin nicht so viel, als dass sie alle Kosten decken könnte, die die Kinder so verursachen. Vater Walter ist Hausmann und wäre ohne seine älteste Tochter Brooklyn verloren, denn sie unterstützt den Vater als „Anker“ (S. 45) und „Buchhalterin der Familie“ (S. 46), aber ab und zu muss auch sie sich Luft machen und dann liebt sie es, andere zu erschrecken. Zosch ist verrückt nach Computerspielen und Mönkemeyer nach Malerei. Als er bei einem Museumsbesuch ein wertvolles Gemälde übermalt, wofür die Eltern haften müssen, eskalieren die finanziellen Probleme der Hackebarts. Doch sie haben ja ihre hochbegabte Lulu, die ganze Enzyklopädien auswendig lernt. Ihr gelingt es, die Familie bei der Fernsehshow „Wer wird Millionär?“ anzumelden, wo sie zur Überraschung des Moderators Günther Jauch mächtig abräumen und es spielend bis zur Millionenfrage schaffen. Da ist nicht nur Jauch aufgeregt, sondern auch Opa Kuno, den die Familie Hackebart mit ins RTL-Studio genommen hat. Das erweist sich als Desaster, denn Opa Kuno ist ein engagierter Umweltaktivist, den die letzte Frage „Wen oder was kippten oder warfen Umwelt-Aktivisten vor zwei Jahren in die Nordsee?“ (S. 149) im Quiz absolut in Rage bringt. Mit dem wütenden, von zahlreichen Flüchen begleiteten Appell, die Omas und Opas hätten Fridays for Future gründen müssen, bringt er das ganze Studio zum Toben: „Er schimpfte und wetterte gegen die Umwelt-Säue, die sich Menschen nennen, gegen alle Verbrechen wider die Natur, er polterte gegen die Leugner des Klimawandels und gegen die Betreiber von Atomkraftwerken“ (S. 154). Das nehmen die Hackebarts zum Anlass, ihre Millionen einzukassieren.

Kritik

Was für ein Feuerwerk an kinderliterarischer Slapstick-Komik, die in an Skurrilität und beißendem Spott kaum zu überbieten ist. Im Grunde liefert der Kinderroman Satire vom Feinsten und könnte glatt als gedruckte “Heute-Show” für ein junges Publikum durchgehen. In einzigartiger Weise gelingt es Orth, sowohl Kinder als auch Erwachsene zu adressieren und köstlich zu unterhalten. Er spielt gekonnt mit Stereotypen und Rollenbildern und präsentiert pointiert überspitzte Figuren, die man sofort ins Herz schließt. So räumen die Hackebarts im wahrsten Sinne des Wortes ab. In der Schlussszene, als sie die Millionen gewinnen, und der Opa sich das Hemd vom Leib reißt, entlädt sich die bis hierhin angelegte komische Dynamik in aller Drastik und ist von den Illustrationen Horst Kleins hinreißend genial ins Bild gesetzt:

...‘Wir müssen den jungen Menschen helfen, die Welt zu retten!‘

Mit diesen Worten machte Opa Kuno einen Schritt auf die TV-Kameras zu, warf seinen Stock weg, und Opa Kuno blieb stehen, auch ohne Stock, ein wenig wackelig zwar, aber auf eigenen Beinen, und dann riss er sich mit einem Ruck das Hemd von der Brust. Alle schauten auf Opa Kuno, der jetzt im weißen Unterhemd dort stand, auf dem in großen Buchstaben prangte: OMAS + OPAS FOR FUTURE (S. 152)

Da bricht auch dem ohnehin schon überforderten Günther Jauch der Schweiß aus. Orth ergeht sich im Sprachwitz und trifft doch immer einen Ton, der sowohl junge als auch ältere Rezipient*innen mitzunehmen vermag. So gelingt die Gesellschaftskritik ohne jeglichen moralischen Anspruch, denn er verdreht die Lebensrealität der Buchfamilie so sehr ins Absurde, dass das Lachen keineswegs im Hals stecken bleibt, sondern frei herausbricht. Das kann man nicht nacherzählen – das muss man selber lesen!

Fazit

Ein absolutes Highlight kinderliterarischer, befreiender Komik, das den medial geprägten Zeitgeist der Gegenwart gekonnt einfängt und satirisch bricht. Der Kinderroman bietet ein einzigartiges Lese- und Vorlesevergnügen für Kinder ab 6 Jahren. Durch die dynamische Handlung und den großen Druck eignet er sich auch zum Selberlesen, aber das ist schade für all die Erwachsenen, die dann nicht in das Vergnügen kommen, ihren Kindern von der Crazy Family vorzulesen.

Titel: Crazy Family. Die Hackebarts räumen ab!
Autor/-in:
  • Name: Orths, Markus
Erscheinungsort: Bindlach
Erscheinungsjahr: 2023
Verlag: Loewe
ISBN-13: 78-3-7432-1217-6
Seitenzahl: 158
Preis: 13,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
Orths, Markus: Crazy Family. Die Hackebarts räumen ab!