Inhalt
Giesbert lebt glücklich in seiner Regentonne in einem wunderschönen verwilderten Garten, umgeben von tierischen Freund*innen, den Wildbienen und allen voran dem alten Kater Munz. Als nun in diese Idylle vier aufgedrehte Hühnerdamen namens Hildegard, Ursula, Isolde und Mechthild einziehen, gerät Giesberts kleine Welt aus den Fugen. Denn die Hühner sind zunächst alles andere als nett: Sie beschweren sich über alles und fressen obendrein Giesberts Blätter-Hut, der ihn vor Hitze und Kälte schützt. So nimmt der Regenrinnen-Wicht Rache mit einem Gartenschlauch und spritzt die Hühner tüchtig nass. Es entsteht ein riesiges Tohuwabohu in der Garten-Idylle, das erst wieder zur Ruhe kommt, als Giesbert nachts die Hühnerdame Mechthild vor dem Marder rettet. Endlich kehrt wieder Ruhe und Frieden ein... bis zum nächsten Abenteuer! Denn plötzlich sitzt auch noch ein „Baumschussel“ im Baum, ein kleiner Kerl mit riesigen Ohren, der in den Baum „geschusselt“ (S. 48) wurde. Giesbert trifft die Brunnengrundel, bricht in den Wald auf und rettet darüber hinaus ein entlaufenes Meerschweinchen. Am Ende all dieser Abenteuer trifft er am ersten „kühlen Tag nach einem langen Sommer“ die Nebelfee, die ihm von den Bergen erzählt,
aus denen sie gerade kam, und von den Riesen und Bergtrollen, die dort wohnen. Von Mooren, in denen die Schmoddergeister hausen, und von Tälern, in denen Irrlichter ihr Unwesen treiben. Sie erzählte von Sumpfhexen und Schilfkleppern, von Undinen, Windmachern und Nebelkobolden. (S. 113)
Fasziniert von diesen wunderbaren Geschichten kehrt Giesbert nach Hause zurück, zu der namenlosen Ich-Erzählinstanz, die ihm Suppe serviert und ihm aus all den Kinderbriefen vorliest, die sie auf die drei ersten Giesbert-Bände erhalten hat: „Und wer weiß, vielleicht hatten wir gerade deinen Brief in der Hand.“ (S. 116).
Kritik
Mit dieser immer wiederkehrenden direkten Ansprache der kindlichen Leserschaft und einer Erzählerin, die konturlos bleibt, entwirft der Text ein einfaches Erzählmuster, das sich einbettet in eine romantisch-verklärende narrative Anlage. Diese lebt von der Romantisierung der Natur, in der märchenhaft-phantastische Wesen harmlose Abenteuer erleben, welche der kleine Protagonist stationsartig durchläuft. So steht der Text in der Tradition des kinderliterarischen Geschichtenerzählens, das vor allem auf Idyllisierung setzt. Giesbert gerät in keine bedrohlichen Situationen, vielmehr verstrickt er sich in unerhörte Begebenheiten, die man vielleicht als freundlich und ein bisschen komisch bezeichnen könnte. Das romantische Setting wird von den Illustrationen Dreschers getragen, die so viel Raum einnehmen, dass der Text in die Nähe zum Bilderbuch rückt. Diese bebildern die Erzählebene großflächlich und setzen in ihrem Duktus ebenso auf idyllische Naturnähe wie der Text. Viel Raum für Zwischentöne bleibt da nicht und eine durchgehende Spannungsstruktur lässt die Narration ebenso vermissen, verzichtet sie doch auf einen richtigen Plot. So bleibt es bei den zauberhaften Garten-Ereignissen, die sicherlich einigen Eltern und Kindern ruhige und entspannte Vorlesestunden bescheren, die bar jeder Aufregung sind:
Der Sommer war in vollem Gange. In unserem Garten reiften Obst und Gemüse, die Kräuter dufteten und Schmetterlinge flatterten wie bunte Papierschnipsel durch die Luft. Honigbienen und wilde Bienen summten um die Wette, Grillen zirpten, so laut sie konnten, und die Schwalben spielten mit den Mücken Fangen. (S. 62)
So liest sich ein kinderliterarischer Gegenentwurf zur Problemorientierung und Gesellschaftskritik im Kinderbuch der Gegenwart.
Fazit
Der Blick auf Cover und Illustrationen halten, was sie versprechen: Wir sehen eine strahlende Wichtelfigur, grünes Gras, blühende Blumen und gesunde Hühner, die die phantastische Figur in die Luft werfen. Die kinderliterarische Idylle ist perfekt und holt Kinder ab 5 Jahren ab zu ruhigen Vorlesestunden voller Entspannung.
- Name: Drescher, Daniela