Inhalt

In einer kleinen, kleinen Stadt Schwedens sind Sommerferien und so können die dreizehnjährigen Anhänger der beiden Jugendbanden der "weißen" und der "roten Rose" den ganzen Sommer Krieg gegeneinander führen und um den Großmummerich kämpfen. "Für erwachsene Leute ohne Fantasie ist er nichts weiter als ein gewöhnlicher Stein. Aber für die tapferen Ritter der Roten und Weißen Rose ist er ein kostbarer Schatz", wie uns der Erzähler gleich in der Anfangssequenz erklärt. So verbringen Kalle, Anders und Eva-Lotte (die Anhänger der "weißen Rose") jede freie Minute mit Verfolgungsjagden und geheimen Aufträgen. Neben dem Krieg mit der "roten Rose" hat Kalle noch eine andere Leidenschaft: Er ist selbsternannter Detektiv. Jedoch kann er seine detektivischen Fähigkeiten nur an alltäglichen Dingen erproben und wird von niemandem ernst genommen.

Bis an einem dieser herrlichen Sommertage in der kleinen verträumten Stadt ein Mord passiert. Die "weiße Rose" ist in die Suche nach dem Mörder mit involviert und so kann Kalle sein Können endlich unter Beweis stellen. So findet er zum Beispiel heraus, dass Eva-Lotte vergiftete Schokolade zugeschickt bekommen hat, indem er das Schokoladenpulver chemisch untersucht.

Als der Täter an den Tatort zurückkehrt, müssen die "weißen Rosen" alles daran setzen, den Mörder nicht entwischen zu lassen. Eva-Lotte und Anders benachrichtigen die Polizei, während Kalle die Flucht des Mörders vereitelt und seine Festnahme ermöglicht. Und so lautet eine der viele Schlagzeilen in den Zeitungen zu Recht: "Dreizehnjähriger erwischte den Schokoladenonkel!"

Kritik

Gleich mit seiner ersten Regiearbeit ist Olle Hellbom ein Meisterwerk gelungen, das bis heute nichts von seinem Charme und seiner Lindgrenschen Atmosphäre eingebüßt hat.

Mit seinen bescheiden wirkenden Gestaltungsmitteln (Schwarz-Weiß-Aufnahmen) und dem Setting eines schlichten schwedischen Städtchens ist ein Film entstanden, der den Zuschauenden sofort für sich einnimmt. Die Bilder scheinen ein vollkommenes Abbild der kleinen, kleinen Stadt, die Astrid Lindgren so gern in ihren Büchern beschrieben und immer wieder aufgegriffen hat, um sie als Schauplatz einer sorglosen, glücklichen Kindheit voller Spiel und Abenteuer zu beschreiben.

hellbom kalleblomquistschwersterfall abbAbb. 1: Screenshot aus Kalle Blomquist – Sein schwerster Fall (1957). Verleih: Wild Utopia

Das Städtchen im Film entspricht ganz diesem Bild: Die Aufnahmen zeigen sonnendurchflutete Gassen, durch die die Ritter der beiden Rosen flitzen, und große Gärten, in denen die Krieger der Weißen Rose frühstücken oder unterm Birnbaum liegen und einen Brief der Roten Rose lautstark kommentieren.

Nichts fehlt diesem kleinen Traum-Städtchen – ob malerischer Marktplatz oder richtige Schlossruine. Der kleine Bach, der durch das Städtchen fließt, erfüllt in der Szenerie wichtige Aufgaben: so ist er ein guter Treffpunkt für die Weiße Rose, eignet sich mit seiner Brücke hervorragend zum Herumturnen, oder erweist sich als der schönste Hinterhalt, in den man die Roten locken kann.

hellbom kalleblomquistschwersterfall abb2Abb. 2: Screenshot aus Kalle Blomquist – Sein schwerster Fall (1957). Verleih: Wild Utopia

Spiel und Abenteuer bekommen in diesem Film eindeutig die Hauptrolle zugewiesen. Durch die spritzigen Dialoge der Jugendlichen ist der Zuschauende sofort in ihr Spiel involviert und kostet gemeinsam mit ihnen jeden Spaß aus. Jeder Satz sprüht hier vor Lebensfreude, die Astrid Lindgrens Bücher erfüllt.

Die Abenteuer der Kinder schaffen sie sich durch ihre Spiele zum größten Teil selbst: so führt z. B. Kalles Detektivspiel zu der chemischen Analyse, die noch heute für die jungen Zuschauenden interessant und als Szene besonders hervorzuheben ist – die lehrreiche Darstellung "der sogenannten Arsen-Probe" ist nicht nur für Kinder ein magischer Einblick in die Chemie, sondern auch für Erwachsene ein ebenso faszinierendes Abenteuer. Bei diesem wie auch bei allen anderen kleinen oder großen Abenteuern im Film fiebern die Zuschauer mit oder tauchen mit Genuss in die glücklichen Ferienmomente ein.

Das Bild der sorglosen Kindheit wird durch die Szenen mit den Erwachsenen komplettiert, die als liebevolle Eltern und liebenswürdige Autoritäten auftreten, die die Kinder wie Ebenbürtige behandeln. Alle Schauspieler, besonders die jungen, tragen durch ihre natürliche Spielart dazu bei, den Film überzeugend und lebendig wirken zu lassen, was bei einem Jugendfilm nicht unbedingt immer der Fall ist.

hellbom kalleblomquistschwersterfall abb3Abb. 3: Screenshot aus Kalle Blomquist – Sein schwerster Fall (1957). Verleih: Wild Utopia

All dies wird durch die beschwingte Musik von Charles Redland untermalt, der später auch die Filmmusik zu Hellboms Adaption der Kinder von Bullerbü komponierte – sie trägt die Stimmung der abenteuerlichen Spiele und aufregenden Ereignisse im Leben der Dreizehnjährigen.

Fazit

Trotz der bescheiden anmutenden Gestaltungsmittel ist somit ein wunderschöner Sommerferien-Film entstanden, der durch die Natürlichkeit und sprudelnde Spielfreude der Kinder noch heute begeistert und in die Reihe der Meisterwerke unter den Kinder- und Jugendfilmen gehört. Er hält mit dem Charme der Lindgren-Bücher mühelos Schritt und scheint durch die Schwarz-Weiß-Aufnahmen besonders nah an Astrids eigener Kindheit, die sie beschrieben hat und die wir (bildlich) nur von Schwarz-Weiß-Fotos kennen. Man kann sich Eva-Lottes Bemerkung am Ende dieses Sommer-Films nur aus ganzem Herzen anschließen: "Die Sommerferien könnten bis Weihnachten dauern! Sie dürften nie zu Ende gehen!"

2018 wurde der Film endlich mit drei weiteren Lindgren-Filmadaptionen aus den 1950ern als DVD herausgegeben, allerdings in derselben gekürzten Fassung, die bereits als Videokassette vorlag.

Titel: Kalle Blomquist – Sein schwerster Fall
Regie:
  • Name: Olle Hellbom
Drehbuch:
  • Name: Astrid Lindgren
Erscheinungsjahr: 1957
Dauer (Minuten): 92
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino
Kalle Blomquist – Sein schwerster Fall (Olle Hellbom, 1957)