Inhalt

Ambrosius wächst bei einer alleinerziehenden Mutter auf, die sich als Literaturwissenschaftlerin von einer befristeten Stelle zur nächsten hangelt, was bedeutet, dass die beiden oft umziehen müssen und nirgendwo richtig sesshaft werden. Der Vater des Jungen ist plötzlich gestorben, als die Mutter mit ihm schwanger war. Diese traumatische Erfahrung prägt die Lebensgegenwart von Ambrosius und seiner Mutter massiv. Sie ist derart von Ängsten besessen, dass sie ihrem Sohn kaum Freiräume gewährt und ihn am liebsten zu Hause einsperren möchte. Die Lage eskaliert, als Mitschüler Ambrosius, der keine Freunde hat und einen Außenseiterstatus innehat, heimlich Erdnüsse auf sein Schulbrot schmuggeln, obwohl sie wissen, dass er eine Erdnussallergie hat. An dem allergischen Anfall stirbt der Junge beinahe, doch die Mitschüler, von denen Ambrosius in seiner verzweifelten Einsamkeit behauptet hatte, sie seien seine Freunde, zeigen keine Reue. Die Mutter ist außer sich vor Sorge und Wut und meldet ihren Sohn fortan im Fernunterricht an. Nun schwebt die totale Vereinsamung wie ein Damoklesschwert über Ambrosius‘ Leben, doch es kommt anders: Der Junge und seine Mutter leben zur Miete im Haus der Familie Economopoulus: ein sympathisches Ehepaar, deren jüngster (erwachsener) Sohn Cosmo wegen Einbruch und Drogendelikten im Gefängnis gesessen hat und nach seiner Entlassung vorerst bei seinen Eltern unterkommt. Durch einen Zufall entdeckt Ambrosius, dass Cosmo und er eine gemeinsame Leidenschaft für das Scrabble-Spiel teilen. Heimlich melden sie sich in einem Scrabble-Club an, wo sie die hübsche Amanda kennenlernen, in die sich Cosmo verliebt. So entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ungleichen Freund*innen, die Ambrosius mit aller Macht vor seiner Mutter zu verheimlichen versucht. Als diese von Cosmos krimineller Vergangenheit erfährt, verbietet sie ihm strikt den Umgang mit dessen Familie, nicht bedenkend, was die andauernde Isolation bei ihrem Sohn anrichtet. Doch Ambrosius widersetzt sich, trifft sich heimlich mit Cosmo und geht mit ihm zum Scrabble-Verein, während die Mutter arbeitet. Als die Heimlichkeiten auffliegen und Cosmo sich obendrein wieder in krumme Geschäfte verwickeln lässt, kommt es zum Eklat. Ambrosius reißt aus und schafft es auf diesem Wege, seiner überbesorgten Mutter klarzumachen, dass sie ihn nicht vor dem Leben isolieren kann.

Kritik

Eine wunderbare Geschichte über Freundschaft, Verletzung und Liebe, herzzerreißend und spannend von der ersten bis zur letzten Seite! Die Erzählung wird vor allem durch die sensible Figurenkonzeption und durch den Erzählton voller Leichtigkeit und Witz getragen , die dem Roman eine Note der Tragikomik verleihen – genauso, wie man es aus Susin Nielsens Adresse unbekannt kennt. Gemeinsam mit diesem Text hat Peanuts und andere Katastrophen auch die Konstellation eines Ich-Erzählers und Protagonisten mit einer alleinerziehenden Mutter, die ihr Kind liebt, aber aufgrund eigener Traumatisierungen alles falsch macht. In Adresse unbekannt ist die Mutter nicht fähig, einer geregelten Arbeit nachzugehen, was letztlich in die Obdachlosigkeit führt. Ambrosius‘ Mutter hingegen ist Akademikerin, aber sie schafft es nicht, die eigenen Traumata zu bearbeiten und überträgt diese unreflektiert auf den Sohn. Der muss darum über die „beschädigte“ Erwachsenenfigur hinauswachsen und Verantwortung für sie übernehmen. Als Helferfigur fungiert für Ambrosius Cosmo, der freilich aufgrund seines Drogenkonsums und der damit einhergehenden kriminellen Vergangenheit aus einem Gutmenschen-Raster komplett herausfällt. Gerade das macht die Figurenkonzeptionen hier so stark: Sie sind alles andere als eindimensional und brechen mit jeglichen Stereotypen. Wenn die Mutter anfangs vor allem unsympathisch erscheint, werden ihre Handlungsmotive zum Schluss hin immer deutlicher und durch ihre Unfähigkeit kann Ambrosius auch Stärke entwickeln. So avanciert er zu einem modernen Kinderbuch-Helden voller Tiefgang, der es durch Selbstermächtigungsstrategien schafft, sich zu emanzipieren und auch schräge Freundschaften zu leben.

Fazit

Ein ganz starker moderner Kinderroman, der erneut zeigt, was für eine besondere Erzählerin Susin Nielsen ist, die mit Wortwitz und Leichtigkeit im Ton für Schwächen in unserer Gesellschaft und die einzelnen Menschen sensibilisiert. Der Text eignet sich sowohl zur schulischen als auch zur häuslichen Lektüre für Kinder von 11 bis 13 Jahren, womit er an der Schwelle zur Jugendliteratur liegt.

Titel: Peanuts und andere Katastrophen
Autor/-in:
  • Name: Nielsen, Susin
Übersetzung:
  • Name: Anja Herre
Erscheinungsort: Stuttgart
Erscheinungsjahr: 2023
Verlag: Urachhaus
ISBN-13: 978-3-8251-5338-0
Seitenzahl: 240
Preis: 20,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 11 Jahre
Nielsen, Susin: Peanuts und andere Katastrophen